BernBalkan

Der Ausflug hätte sich auch des Panorama wegens gelohnt, abgesehen vom Meniskusberg Niesen. Sogar alpsteinverwöhnte Ostschweizerinnen kleben (visuell) an den Bergketten des Oberlandes. Wobei der in Geografiebelangen vergesslichen Schreiberin grad noch die Namen des weltbekannten Bergtrios und der eine oder andere Spitz und Zack in den Hirnwindungen hängen bleibt. Schmach – wenn der Mitwanderer die Vorhügel und Ausläufer, Zu- und Abstiege, Reihe eins zwei und drei, vorgelagerte und von dieser Warte aus grad nicht sichtbare Höger* benennen kann und das eben nicht nur dort, was ja noch nachvollziehbar sein könnte sondern bald schon so versiert HIER, im Alpstein… Nun, die Geografievergessliche wirft Anderes in die Waagschale und sorgt für eine gewisse Ausgeglichenheit… doch darüber will die musikhörende Schreiberin nicht schreiben, sondern einen Minieinblick gewähren bzw. eine Band vorstellen, die an einem winzig kleinen Open-Air im besagten Oberland aufspielte und zwar so, dass wohl Keine&Keiner unbeweglich stehen blieb und jeder Gschtabi** konstatierte, dass er oder sie Beine hat, einen Leib gar und dass der sich bewegt zu den Rhythmen dieser Band:

https://www.youtube.com/watch?v=h_CCXuQYY7U

Der Nachtrag, bevor der Name wieder irgendwo in eine Ritze fällt: Das Beitragsbild wurde auf der Ramslauenen aufgenommen…

*   Höger: Anhöhe
** gschtabig: steif, ungelenk

Der Friedhof im Osten

Es mag seltsam anmuten: Friedhof mitten im Sommer – und doch liegt der Spaziergängerin daran, diesen so friedlich anmutenden Ort zu erwähnen. Dass es ihn gibt, den Ostfriedhof in St.Gallen, wusste sie längst, nur war sie bis vor wenigen Wochen noch nie dort. Es fiel ihr zu, in dessen Nähe unterwegs zu sein und Tage später war Zeit, ein paar Stunden dort zu weilen. Die Anlage ist von einer so un-st.gallischen Grosszügigkeit, welche die Besucherin mit Staunen zur Kenntnis nahm. In der Weite dieses friedlichen Parkes mit alten Bäumen, Wasser und Wegen wird Ruhe erfahrbar. Die Grabfelder sind gruppiert, an den Grabsteinen oder Grabsymbolen lässt sich nicht nur die vergangene Zeit ablesen, mehr und mehr zeigen sich hier individuelle Ausprägungen die über den Tod hinaus sichtbar bleiben sollen. Anders als in vielen andern Ruhestätten gelingt es hier, diese Individualität einzubinden in einen Grundgedanken, jenen eines würdigen letzten Zeichens – auf dieser Seite.
Auch wenn sich die Spaziergängerin keinen Friedhof als eigene letzte Ruhestätte wünscht – hier bzw. dort im Ostfriedhof wäre es – bis auf Weiteres – stimmiger als in all den bisher besuchten Grabstätten in- und ausserhalb des Landes. Also: wer ihn noch nicht kennt, dem sei ein Spaziergang,  noch besser ein Verweilen an eben diesem Ort ans Herz gelegt.

Weitere Bilder folgen.

 

Der Gewöhnliche

Er ist früh aufgefallen, sehr früh. Sein monotones Rezitieren erklang täglich, bei jeder Witterung und zu jeder Tageszeit. Er setzte sich auf jeden Baum des Hügels, um sich akustisch bemerkbar zu machen. Sein „Gesang“ frass sich schier in meinen Gehörgängen fest – verfolgte mich, von Ost nach West und wieder zurück. So präsent war (und ist) er, dass er auch hier erwähnt werden mag.
Der Buchfink ist DER Universalvogel. Die ersten Lieder im Humangesangsunterricht hätten es schon erahnen lassen müssen. Da war nämlich von Amsel, Drossel, Fink und Star die Rede. Ornithologisch gesehen eine etwas verwirrende Aufzählung, weil ja die Erstgenannte eine Drossel (Schwarzdrossel) ist und die Drosseln eine Art aus der Ordnung der Singvögel. Schulgesangsbücher müssen also zumindest in diesem Bereich nicht sonderlich korrekt beschreiben. Beim im Lied genannten Fink wird ganz gewiss der Buchfink gemeint sein. Diesen kannte zumindest während meiner Heranwachsenszeit nämlich wirklich fast jedes Kind und  meine Erzieher kannten ihn  schon an seinem Buchfinkenlied auf Anhieb, welches von eben diesen  als „ziziziziwillspöizia“ in Kindersprache übersetzt wurde. Ich habs verinnerlicht – er klingt wirklich etwa so (ausser jener bei uns auf dem Hügel, der kann nur „ziziziziziwiiiii ——–dann verlabbert er sich in Unverständlichem. Trotzdem ist er sicher ein Buchfink. Ich gebe zu, seine Dauerpräsenz hat bei mir kein freudiges Herzklopfen ausgelöst. Wer so abseits wohnt, wünscht  sich doch mindestens den Besuch eines Distel-, Berg- oder Grünfinken, doch nicht jenen, der auch in der Stadt von allen Dächern pfeift. Derweil nun auf dem Hügel die angebotenen Vogelwohnungen bezogen wurden und nebst den Meisen und Rotschwänzen auch ein Trauerschnäpperpaar erfolgreich brütet, übt der Buchfink noch immer unverdrossen seine noch immer unvollständige Litanei – ich glaube er hat ob all den Singversuchen den Vogelfrühling verpasst – und ist vielleicht grad deswegen etwas Besonderes in der weltweit schier unendlich grossen Population der Buchfinken.

 

 

 

Dampf ablassen wollte die telefonierende Schreiberin. Nicht in der Dampfzentrale. Dort nämlich lässt sich entspannt sitzen, den Aaareschwimmern nachschauen und froh sein, dass frau selbiges auf gar keinen Fall und nie und nimmer nachahmen muss. Der Dampf  – entstanden durch eine Rechnung der Telefonfirma mit einer vermutlich mies bezahlten Werbeagentur (anders kann man sich diese unansehlichen Plakate nicht erklären!) – sollte in einer der Filialen entweichen in die zu kommen man einem rät. Für Menschen wie die Schreiberin eine wenn immer möglich zu vermeidende Angelegenheit: etwa auf gleicher Stufe wie eine Hotline anrufen oder die Steuererklärung ausfüllen. Ungern. Sehr ungern. Hormone mahnen zur Flucht. Dampf. Die Generation der schreibenden Köchin kennt den Duromatic. Weiss, dass die erscheinenden roten Ringe scharf zu beobachten sind. Wehe die Dampfentwicklung ist zu heftig! Wird unkontrollierbar. Zum Beispiel mit einer Ladung Randen. Stellen Sie sich die geweisselte Küche vor, nachdem der Dampf einen Topf voll tiefroter Randenknollen so richtig „verjagt“ hat!
Bei der telefonierenden Schreiberin war höchstens ein roter Ring sichtbar. Wenn auch unsichtbar. Beherrscht (heisst das bei Frauen vielleicht befrauscht??), will sagen ruhig und freundlich betrat sie besagten Ort des Grauens. Wohlwissend, dass der Mensch, der da hinter einer modernen Theke stehend mit den Unsitten des höheren Kaders nichts zu tun hat. Sanft entwich der angestaute Dampf – sagen Sie nicht, Sie würden nicht dampfen, wenn die vorher vierzehntägige Zahlungsfrist (die sei branchenüblich und der Schreiberin war, als sei da ein eigenartiger Unterton) nun auf acht Tage festgelegt wird. Acht Tage! Was soll das? Ist das überhaupt legal? Der Mann hinter der Theke flüchtete. Nicht ins Nebenzimmer. In die Untiefen seines Computers. Sie hätten umgestellt. Auf vierzehntägige Zahlfrist. Sie: hier geht es nicht um vierzehn Tage sondern um ACHT! Er: Nach Erhalt einer Mahnung haben Sie immer noch zehn Tage Zeit, um zu bezahlen! Sie: Hallo, ich frage, weshalb hier steht, dass diese Rechnung innert ACHT Tagen zu bezahlen ist. Er: Kann ich mir nun nicht erklären (hallo – bitte MIR erklären!!!). Sie: Ich werde den Vertrag kündigen! Er: Wissen Sie, wann Ihr Abo abläuft? Sie: Ja! Natürlich weiss ich das! Er: Wenn Sie zu einer anderen Firma gehen, kann die alles für Sie erledigen. Sie: Danke. Adieu.
Vor vielen vielen Jahren arbeitete die Schreiberin mit einem Lochstreifenautomaten. Da waren Textbausteine üblich. Vorgefertigter Text, der an der gewünschten Stelle eingesetzt wurde. Daran dachte die Schreiberin und an Hüllen, leere Hüllen.

Auftauchen – wenn auch nur kurz

Neunundzwanzig Tage hat sich (nur) hier nichts getan, im Leben, im richtigen, war ganz viel zu tun – Neues, Unbekanntes, Spannendes und alles in XL-Portionen. Das Neue wird all-täglicher, vertrauter und gehört immer mehr dazu. Frau richtet sich ein, nicht nur im neuen Büro und mit neuen Computerprogrammen. Der Anfangszauber weicht der realistischen Sicht, die Brillen sind geputzt und abends darf auch wieder gelesen werden. Ein Haiku, das uralte Ausloten der Möglichkeiten im vorgegebenen Korsett – eines von Issa, einem der berühmtesten Haikudichter Japans, geschrieben im Jahre 1819:

Issa beschreibt hier den Kummer einer Witwe, die alleine in einer Berghütte leben muss

Im eigenen Dorf
ist die Arbeit getan – wohin führt mich
nun mein Pflanzerhut?

Zurück

Die Unschärfe ergibt sich aus dem leichten Schaudern, dass die schreibende Gärtnerin immer dann befällt, wenn bestimmte Lebewesen ihre Aufwartung machen. Sie sind nicht von Weiten zu sehen, plötzlich da, heute morgen knapp neben der Stiefelette. Hoppla. Der Minidrache ist aufgewacht. Diesmal entdeckte sie ihn beim Kellereingang (hat er bzw. sie eventuell im Keller geschlafen???) Weg mit dem Gedanken, trotz der zögerlichen Zuneigung freut sich das tierliebende Herz über jeden Falter, die Insekten, Hummel etc. und drum auch über den Feuersalamander. Es schien, als bewege er sich leicht torkelnd vorwärts, winterschlafsturm im Salamanderkopf, erschrocken vielleicht, dass Regen und tiefere Temperaturen sein in-die-helle-Welt-tasten begleiten. Wie auch immer, er ist inzwischen nicht mehr auffindbar und Frida, die Kapriziöse ist gewarnt. Bisher ist Jakob noch nicht aufgetaucht, mindestens liess er sich beim täglichen Inspiziergang rund um die Seerosen nicht blicken.
Grundsätzlich allen Tieren zugetan – so zugetan, dass sie sicher nicht als Fleischspeise auf dem Teller landen – sind der Schreiberin die Felltiere näher als die oben erwähnten. Und doch ist eine merkliche Verschiebung wahrnehmbar. Gewiss wäre es vor ein paar Jahren nicht möglich gewesen, das Phone aus dem Rucksack zu klauben und näher zu gehen.. das geht, Klopfherz inklusive. Es geht, genauso wie es gelingt, zu jäten und Würmer berühren oder irgendwelche Raupen abzulesen. Übungsfelder bleiben die gefleckte Tigerschnecke oder eine Blindschleiche. Reden wir nicht vom Schlimmsten… das ist klein, gräulich und trägt ein Fell mit rosa Schwänzchen. Puuh. Das dauert noch, bis von „mögen“ die Rede sein kann! Immerhin: das Haselmäuschen, das sich letztes Jahr beim Kompost aufhielt, verdient mit seinen Knopfaugen das Prädikat „liebenswert“. Und: die Übungstiere sind alle ausser Haus…

Knapp 1000m.ü.M. – Bestandesaufnahme in Bildern

Vom hilflosen Radieschen oder ein Sonnentagsessen

101Wäre da bloss nicht das hilflos geschnittene, verletzte und ungeschickt platzierte Radieschen – weswegen sich die Bediensteten in der Küche völlig foutierten – könnten die im frühlingshaften Taumel abendsonnegeniessenden EsserInnen ihre Hügelköche wieder einmal in einsamen Höhen loben… auf der sonntäglichen Hügelspeisekarte standen bzw. auf den Tellern lagen

Belugalinsen mit marokkanischen Salzzitronen
Carpaccio von Chioggia-Rande mit Ingwer-Honig-Marinade
ofengetrocknete schwarze Oliven aus Sizilien mit Chili
getrocknete und in Öl eingelegte Tomate aus dem Aostatal
Avocado-Dip mit Gartenkräutern
Humus mit Schwarzkümmel – ohne Aglio!
ofengerösteter Blumenkohl mit Safran und Rosinen nach Yotam O. (sehr zu empfehlen)
Feta
auf Rucola- und Brunnenkressebeet mit Rettichsprossen
grüner Klee (da war was mit über den Klee loben oder so?!) und Blutampfer
Blüten von Schlüsselblumen und Lungenkraut
dazu Vinschgerl von der Eigenbrötlerin.

Und Rollenvielfalt. Küchenchefin, Hofbäckerin (führt die „Brigade prickelndes Anstellgut“), Hügelgast, Gärtnerin, Fremdtopfgucker,schreibende Testesserin, Küchengehilfe usw.usw. Alles andere als langweilig.

Nachgereicht

Die Fotos erinnern an Bilder von Bankräubern, welche von einer Videokamera gefilmt wurden… die hier stammen aus der Hausüberwachungskamera 🙂
Halbwach, Morgengrauen, durchs Fenster geknipst, drei Meter entfernt und latent das Gefühl, nächstens kommen die Tiere die Steinstufen hoch und ziehen am Strang der Türglöckchen. Nach Jahren des Hierseins steigt noch immer Freude auf, wenn sich ein oder wie häufig mehrere solcher Paarhufer zeigen…

Unterwegs in Sizilien, Teil 5: Dies und jenes …

Für die „Laienaugen“ einer Reisenden muten die Gesteinsschichten in der Gola Alcantara, unweit von Taormina (Sizilien) sehr eigen an. Wie kommt es, dass diese Schichten den Eindruck machen, als seien sie geformt und dann übereinander gestapelt worden? Wer es wissen will, findet hier  Informationen über basisches Ergussgestein oder eben Basalt. Wer sich vertieft, findet Erläuterungen zum so genannten Basaltstreit, in dem über unterschiedliche Ansichten bezüglich Entstehung eben dieser Gesteine gestritten wurde. Die Reisenden indess stritten nicht, verschmähten den acht-Euro-Lift in die Schlucht hinunter und suchten den zweihundert Meter entfernt gelegenen, etwas versteckten Einheimischen-Eingang und stiegen zu Fuss ab. Der Abstieg lohnt sich des Basalts wegen und bei besseren Wetterverhältnissen und einer gewissen Wasser-Affinität wäre es möglich, etwas weiter in die Schlucht hineinzugehen. Die Badende, welche lieber nicht nass wird, äugte, ob sich allenfalls ein Eisvogel zeigen würde, die aber hielten sich bedeckt. Die ganze Anlage scheint in touristenintensiveren Zeiten stark frequentiert zu werden, auf die nebenzeitlich Reisenden machte sie einer eher abgetackelten Eindruck. Also: hingehen, falls mann oder frau sowieso in der Nähe ist; hingehen, wenn Steine, Geologie etc. interessieren.

Taormina und das noch höher gelegene Castelmola bieten bei schönem Wetter eine wunderbare Aussicht. Beide Orte sind vermutlich eine beliebte Destination für die Kaffee-und Kuchen-Fraktion, zwischendurch locken Schmuck- und Souvernirläden und die engen Gassen bzw. deren Anwohner werden unter der Autoinvasion ächzen. Drum: den Wagen in der grossen Parkgarage lassen und mit dem Lift hochfahren. Die Reisenden haben sich a piedi nach Castelmola hochgeschwitzt, einer Erinnerung wegen, an der dann der Lack blätterte.

Noch mehr Zeit vorausgesetzt, wäre der eine und andere Sizilien-Gedanke auszuführen bzw. weiterzuspinnen. Zum Beispiel die Frage, weshalb „Kommunikation“ – das Gespräch von Mensch zu Mensch – in diesen Kulturräumen leichter, schneller und unkomplizierter möglich ist. Ist es der Raum, die Sprache, die entspannte Ferienzeit, das eigene Anderssein in der leicht vertrauten Fremde, eine Wechselwirkung – wie dem auch sei…  Immer wieder fand sich die Schreibende in Gespräche verwickelt, es wurde nachgefragt, woher frau komme, weshalb sie hier sei, welche Eindrücke sie gewonnen habe. Und dies im Tabakladen (keine Angst, erstanden wurden dort „nur“ Briefmarken…), beim Gemüsehändler oder einfach so auf der Strasse. Manchmal wurde es auch bedrückend – dann wenn junge Männer von ihren eher hilflosen Versuchen, die deutsche Sprache zu erlernen berichteten und von der Hoffnung, dannzumal irgendwo in Deutschland oder der Schweiz Arbeit zu finden. In vielen Köpfen scheint ein romantisiertes Bild zu herrschen von den Verhältnissen in den nördlicheren Ländern und wissend um den Stachel im Leben von Migranten wäre den jungen Menschen viel mehr zu wünschen, ihre Politiker würden sich auf ihre wirklichen Aufgaben besinnen statt darauf, eigene Pfründe zu sichern. Dass die Hamsterräder gnadenlos zuschnappen und dass „fremd und immer unterwegs sein“ bitterer ist als vieles Andere, lässt sich in einem Viertelstunden-Gespräch auf der Strasse nicht ausführen. Die traurigen Schicksale älterer Einwanderer, die nach ihrer Pensionierung keine Heimat und keine Wurzeln mehr haben, weil sie nie wirklich hier angekommen sind und in ihrer Urheimat eben diese nicht mehr finden, berühren und stimmen nachdenklich… Mehrfach beschenkt, dankbar und um viele Eindrücke reicher sind die Südreisenden zurück – alla prossima, ci vediamo… spero…