Zum Sonntags-Sonnentag – in die neue Woche bewegte Bilder:

Begegnungen
Ein paar Stunden mehr frei, eine spontane Einladung und ein minimaler aber doch mutmachender Zuwachs an Energie gebiert ein facettenreiches Wochenendprogramm:
Wiedersehensfreude, Seefarben die eine Handykamera nur rudimentär wiedergibt; Kunst, die beflügelt, bedrückt, begeistert; eine Begegnung mit einem Fremden in der Bundeshauptstadt und gleichenorts Ohrenzuhalten beim Aufmarsch der Demonstranten (bewusst die männliche Form gewählt) und beim Marsch heimwärts ein ganz besonderer Abendhimmel.
Das Bild zum See ist oben – Nebel, Kälte und die Farben liessen den Brienzersee und seine Umgebung geheimnisvoll mystisch, kühl und unnahbar wirken – rege Begeisterung bei der Panoramaliebhaberin.
Ueber Bäume „About Trees“ heisst die aktuelle Ausstellung im Paul Klee Zentrum in Bern, namhafte Künstlerinnen und Künstler stellen aus, die Schauende stand unter der glücksbringenden und schutzgewährenden Birke und wanderte von Abteil zu Abteil – lohnenswert – fast jedes Werk hätte Vertiefung und Erwähnung verdient – zwei bzw. drei bleiben in besonderer Erinnerung:
Peter Doig, der Maler, mit dem die Reisenden in Kopenhagen Bekanntschaft machten – leider einseitig, aber man wäre wohl in jedem anderen Falle sprachlos gewesen, von ihm gibt es in Bern zwei Bilder, eines davon ist dieses:
Bitter, dass frau seine Ausstellung in Basel verpasst hat…
Mehr als betroffen macht das Werk der Künstlerin Berlinde De Bruyckere, die einen vom Wind gefällten Baum bearbeitet und mit einer wächsernen Schicht überzogen hat. Das Werk weckt Assoziationen an abgesägte Körperteile, ein Schlachttier, Verletzungen, Blut, an Lappen die um Wunden gelegt wurden, Krieg – und an einen schutz- und wurzellosen Baum der er ist. Bei der Betrachtenden wurden auch Erinnerungen wach an Werke von Louise Bourgeois. Schwer, den Blick nicht abzuwenden und ebenso schwer, ihn abzuwenden… Nachhaltigkeit garantiert!
Das Ausstellungsplakat von „About Trees“ zeigt ein Videostill aus der Arbeit von Shirin Neshat. Inspiriert von einer Saga über Tooba, den heiligen Baum, verbindet diese Videoarbeit Gedanken zum symbolischen Stellenwert des Gartens in den mystischen Traditionen Persiens und Assoziationen zu kollektiven Ängsten, Verletzlichkeit und Macht. Wem welche Attribute zukommen, bleibt offen. Archaische, starke Bilder.
In der Absicht, sich einer Berner Buchhandlung einen Überblick zu verschaffen (das ist seit dem Leselernalter gleich geblieben: irgendwo vorgestellte Bücher, Rezensionen etc. haken sich in den entsprechenden Hirnwindungen fest… kürzlich fielen der schreibenden Leserin die SJW-Hefte ein und dass sie davon als Schulkind frei bestellen durfte wie überhaupt der Lesestoff im Elternhaus nie fehlte: viele Bücher, zwei Tageszeitungen und mehrere Wochenblätter, Hefte und Magazine kamen regelmässig ins Haus…)
Also: so unterwegs begegnete der Buchliebhaberin ein Mann bzw. ein vollbepacktes Velo samt Mann. Dass soviel auf einem einzigen Fahrrad Platz finden kann, erschien ihr als kleines Wunder und ihr Blick ging vom Fahrrad zum Mann und vom Mann zum Fahrrad – vermutlich genau so lange, dass der Mann Mut fasste und seinen beladenen Drahtesel Richtung Frau steuerte. Hinten am Fahrrad baumelte zwischen Länderflaggen eine kleine Pfanne, eine Tasse, darunter ein Zelt samt Schlafsack. Sie sprach zuerst. Das sehe nach längerer Reise aus, sagte sie und er: ja, seit dem Frühling sei er unterwegs, durch die nordischen Länder und jetzt sei er hier und es sei kalt geworden. Nein, keine Vergnügungsreise – die Frau sah, dass er mehrere Kleider übereinander trug und wohl keine weiteren bei sich hatte – er sei aus Rumänien und habe sich aufgemacht, um Arbeit zu suchen um seine Frau und seine drei Kinder zu ernähren. Mittlerweile sprechen Mann und Frau italienisch, ob sie ihm nicht eine Arbeit geben könne, fragt er, damit er noch ein paar Franken mitnehmen könne, er wolle zurück und könne nicht mehr draussen schlafen.Im Café erzählt er aus seinem Leben – trist, schwer, ohne Perspektive und wie die Beiden da sitzen in diesem Berner Café befällt die Frau Scham – nicht wegen ihm, dem Mann der auffällt in diesen eleganten Räumen, nein die schön-polierte Oberfläche von Gästen und Raum sind es, der Schaum auf dem Café, das Gefälle, das in diesem Moment so sichtbar ist, getrennt durch den Tisch zwischen den Beiden. Arbeit hat sie keine zu vergeben. Das Büchergeld reist mit ihm.
Zurück im Osten warten Alletage und Arbeit: statt das Fehlende zu beklagen sei das Vorhandene zu würdigen: für den gestrigen Montag ist das dieser Abendhimmel, der die Hügelfrau auf ihrem Heimweg begleitet. Und Dankbarkeit für alle Begegnungen …

Das Geschenk am Stadtrand
Nordreisend machten die Schreibenden auch in der schwedischen Metropole Halt. Die Stadt, die auf 14 Inseln im Schärengarten vor der Ostsee gewachsen ist, lässt sich nicht so einfach überschauen. Der alter Stadtkern (Gamla Stan) und das angrenzende Fährhafengelände sind der einfacher zu erkundende Teil. Viel Interessantes liegt um dieses „Zentrum“ auf den umliegenden Inseln, verbunden mit unzähligen Wasserwegen und Brücken. Landratten wie unsereiner müssen da zuerst mit all den Kanälen zurechtkommen. Zum letzten Aufenthaltstag lockte ein Besuch auf die Insel Lidingö, dort, so versprach ein kleiner Eintrag im Reiseführer, befinde sich der öffentlich zugängliche Garten eines bekannten schwedischen Bildhauers – Millesgården. Das Wetter zeigt sich für einen Gartenbesuch von der allerbesten Seite und die Reisenden finden sich erwartungsvoll und zeitig – vor Pfortenöffnung – an der Adresse inmitten eines Wohnquartieres ein.
Was der Herr, der um 10 Uhr die Tore zum Garten offnet, für die BesucherInnen zugänglich macht, ist mehr als eine Ueberraschung und rechtfertigt allein eine Nordreise. Anfangs ungläubig in die Morgensonne blinzelnd, betreten die Gartengäste durch ein niedriges einfaches Empfangsgebäude eine Garten – Skulpturen Anlage von betörender Schönheit . Der auf verschiedenen Ebenen angelegte Garten mit den darin eingebetteten und installierten Skulpturen ergreift die Besuchenden nicht bloss auf der visuellen Ebene. Man taucht ein, und das Getriebe der Stadt ist weit weg – auf Kieswegen über Treppen und Terrrassen, vorbei an teils riesigen wasserspeienden Figuren, ästhetisch anspruchsvollst gestalteten Wasserbecken oder zierlichen, scheinbar im blauen Himmel hängenden Tänzerinnen und Posaunen spielenden Engeln. Man erkundet das Reich des des Künstlerpaares Carl und Olga Milles, die an eben diesem Ort gelebt und gearbeitet haben und dieses einzigartige Kleinod am Stadtrand der Nachwelt hinterlassen haben. Erhöht, mit Blick über Garten und Stadt, stehen vom Architekten Karl Bengtsson entworfen das grosszügige Wohnhaus und Atelier des Paares. Die Räumlichkeiten sind dem interessierten Besucher ebenfalls zugänglich und eröffnen Einblicke in die persönlicheren Vorlieben der einst hier Lebenden. Die Affinität zum mediterranen Kulturraum mit entsprechenden Farben, Formen und lichter Raumgestaltung verleitet dazu, sich viel weiter südlich zu wähnen. Inmitten der Anlage lädt ein Bistro zu Speis und Trank ein und man möchte einfach in diesem Garten bleiben – den ganzen Tag…………….

Schneebesuch(er)
Der erste Besucher an diesem winterlich wirkenden Samstagmorgen, an dem die ARGA-Menschen länger als sonst am Frühstückstisch sitzen bleiben, ist Herr Reineke junior. Er wähnt sich völlig unbeobachtet und wälzt sich im Puderzuckerschnee, bevor er rund ums Lärchenhäuschen rast. Er weckt Erinnerungen an jenen Artgenossen in der Toskana, der jeweils neben den Gartentisch kam, an dem die Ferienleute sassen und assen. Kulturfolger – wie die Stadtfüchse oder die Krähen… Dass hier keine Jagdflinte steht, kann er nicht wissen…
Das Bild ist unscharf, Überwachungskamerabilder halt…

Wie wenn frau es nicht sowieso schon wüsste…
… dass auch der längste Sommer irgendwann vorbei ist, endgültig vorbei, ja dann wäre das hier die finale Bestätigung. Gefunden ein paar Schritte vor dem Eingang zum Stadtarbeitsplatz. Die Kippen, das sei gesagt, stammen nicht von der arbeitenden Schreiberin, in den Schuhen hingegen (Waldviertel, was sonst) stecken die Füsse einer Frau, die sich an die Wärme träumt …

Eigentlich…
wartet ja „Nordwärts Teil 3“ auf seine Fertigstellung, doch heute erwies SIE der schreibenden Gärtnerin ihre Referenz. Eine Kreuzspinne (davon gibt es ganz viele Sorten), alle spinnen die so genannten Radnetze und werden deshalb auch Radnetzspinnen genannt. Als Spinnenfan würde sich die Schreibende nicht bezeichnen, doch sie lebt in friedlicher Koexistenz mit Mama Weberknecht und ihrer Sippe, wohlwissend, dass dies für Andere Grund zur Flucht wäre. Der Biss einer Kreuzspinne sei unangenehm aber „unrelevant“, so weit soll es nun doch nicht kommen…

Das Licht, seine Abarten und seine Ewigkeit
Schon seit langem scheint mir,
das einzige, was zu beschreiben
sicht lohnt, ist das Licht, seine
Abarten und seine Ewigkeit.
Andrzej Stasiuk

Im Nebel
…..Fast ein wenig überraschend ist er ins Land gekrochen. Vor Wochenfrist war man sich noch einig, dass sich das Grün der Laubbäume wacker halte, heute schon präsentieren sich Wälder und Gehölze im Herbstfarbenrausch – in der Intensität allerdings gedämpft durch den Licht- und Wärmeschlucker Nebel, der zudem alles mit Nässe betüncht. Feuchte, modriger Geruch und sehr beschränkte Sicht in monotones Grau hemmt die Motivation, sich draussen aufzuhalten. Sogar die ARGA Katze macht einen Buckel und lungert missmutig durch den Garten (vielleicht auch etwas geplagt von üblen Vorahnungen auf die weisse Pracht, die dann ihren Aktionsradius über Wochen erheblich einschränkt). Umso aufregender, wenn sich gleich vor dem Haus das eine oder andere in Szene setzt. Dem Feuchtwetter wird nachgesagt, dass es „pilztreibend“ sei – leider reichte die freie Zeit in diesem Jahr nicht, diese Regel zu überprüfen, obwohl die hier Schreibenden einem exquisiten Pilzgericht aus Eigensammlung ganz und gar nicht abgeneigt sind. Schon die Formen, Farben und Namen dieser Fruchtkörper sind ja zum Schwelgen – geschweige denn ein Gericht mit frischen „Pfifferlingen“ peppig gewürzt mit Pulver eines getrockneten „Habichts“ und optisch abgerundet mit ein paar Trichterchen von „Totentrompeten“.
Und heute, quasi über Nacht und aus dem dichten Nebel taucht nun also eine Gruppe dieser eigenartigen Gesellen im Garten auf. Ein Gewächs, dem das Feuchtgraue meines Erachtens geradezu anzusehen ist. Eine Herbstlorchel ist’s – die Herbstschwester der Morchel, die den Kulinarikern wohl bestens bekannt ist. Die Existenz dieses Schlauchpilzes war mir bekannt, und obwohl sie nicht selten sein soll, hatte ich bis dato noch keine reale Begegnung. Umso erfreulicher, dass sich der Pilz in unserem Gartenhabitat wohl zu fühlen scheint. Die Frage, wie solche Gewächse eines Tages „einfach so“ aus dem Boden spriessen, kann nur mit Vermutungen halbwegs beantwortet werden. Wir haben sie stehen lassen, diese sehr eigenwillig geformten Gewächse, deren kulinarischer Wert umstritten ist – stattdessen haben wir beschlossen, die letzten Auberginen in die Bauchwärme zu befördern…

Einschub
Ein Mikroeinschub, bevor die Nordreise mit Teil drei ihrem Ende zugeführt werden soll. Falls die Leserin oder der Leser Herbstferien geniessen dürfen und gedenken, diese in der Schweiz zu verbringen, wäre dieser Ort einen Besuch wert. Sie liegt ja nicht grad vor der Haustüre – die Westschweiz – ein leicht in die Länge gezogenes Wochenende oder eben einige Ferientage dürfen es schon sein. Initial war da der Auftakt zur Vacherin-Mont-d’or Saison, alljährlich begangen in Le Charbonnières im Jura. Während diese besondere Käsespezialität von verschiedenen Produzenten oder Affineuren zum Kauf angeboten wird, wird auf der Dorfstrasse eine Art Alpabzug zelebriert, wobei die im Appenzellerland lebende Beobachterin nicht umhin kommt, schon fast wehmütig an „unsere“ Alpabfahrten zu denken. Nun ja. Es gibt halt diese und solche. Der Käse ist gekauft, während der Tee am Vortag noch draussen und wenige Meter vom Lac de Joux entfernt getrunken wurde, trieb die samstägliche Bise die Käsefreaks ins Festzelt, Museum oder zum Café mit. Wie mann/frau vor 12 Uhr und schlotternd Weisswein trinken kann, wird der Klammfingerschreiberin genau so ein Rätsel bleiben wie die Frage, wie man auf nüchternen Magen das ominöse Energiegetränk in der silberblauben Dose trinken und dazu eine Zigarette rauchen kann.
Den Käse, bzw. die Käse – etwas Vorrat sollte sein – an einem kühlen Ort versorgt, lockt das nahe Aubonne mit seinem Arboretum. Seit langem auf der Liste der zu besuchenden Orte zeigt sich rasch, dass ein Besuch niemals ausreichen kann und dass vom Frühling bis in den Spätherbst ein wechselndes Schauspiel an Farben, Blüten, Früchten und Silhouetten zu bewundern ist. Ein ganzes Tal ist in diverse Bereiche unterteilt, so stehen da einige araucarias, andernorts Linden aller Art, Hagebutte, Apfelbäume (nur schon die Sortennamen zu lesen ist Ohrmusik), alle möglichen Nadelbäume, Hortensien (die geliebten) und und und.
Ein Minieinblick:

Nordwärts Teil 2: Kopenhagen
War das schön! Wunderbar! Geht nach Kopenhagen, wenn ihr eine Städtereise machen wollt. Vorausgesetzt, ihr fährt Velo und möchtet mal so richtig im Velostrom mitradeln, weiter schätzt ihr gutes und gesundes Essen, alte und neue Architektur; Museen, die es in sich und ausser sich haben (die Kunst!); relaxte und gesund wirkende Menschen (im Sinne von weder übergewichtig noch klapperdünn); immer wieder die Nähe zum Wasser undsoweiterundsofort.
Die schreibende Velofahrerin vermisst das Velofeeling (18 bzw. 24%-Steigung/Gefälle, um auf „meinen“ Hügel zu kommen und absolute Unlust, verschwitzt irgendwo aufzutauchen laufen lustdiametral). Auf der Vermissten- oder besser auf der Wenigstenseinmalgesehenliste stehen u.v.a das Café des Louisiana und die phänomenale Lage dieser Ausstellungsräume, das Operahuset, (siehe Beitragsbild), die Königliche Bibliothek, das Konzerthaus (es nachts kobaltblau beleuchtet zu sehen, haben die Reisenden verpasst) und das Skuespilhuset, Nyhavn, Arken oder IRMA.
Anstelle vieler Worte einige Bilder:
Viel Spannendes gesehen, noch viel viel mehr NICHT gesehen… eine Ahnung immerhin und das noch: die Reisenden nutzten auch den innerstädtischen öV. Wenn sie dann mal ein Ticket hatten. Was einem sowohl in Schweden als auch in Dänemark nicht ganz einfach gemacht wird. Ein an sich schon nicht ganz unkompliziertes Ticketsystem auf dänisch hat seine Tücken, keine Übersetzungen in die englische Sprache, entweder frau/man lernt rasch dänisch oder fährt schwarz. Die Reisenden fuhren nicht schwarz. Punkt. Geld wird im Norden, v.a. in den städtischen Gebieten am allerallerliebsten via Kreditkarte entgegen genommen, auch für Kleinstbeträge. Schon Zehnjährige bezahlen ihre Krämereien am Kiosk mit einer Kreditkarte – ungewohnt und vermutlich Zukunft.
Die Reise geht weiter…