GEWESEN: Im Lärchenwunderwald in der Nähe von Lü. Zwei Leertage genutzt, um eine ins Auge gefasste Panoramawanderung zu unternehmen. Der Plan ging auf – Wetter passte, ein Zimmer frei und die Wanderung vom Ofenpass aus Seelennahrung pur.
Die lange An- und Zurückreise wurden längst wettgemacht durch die traumhafte Landschaft (ich konnte sehr leider kein Bild machen vom ersten Bodenfrost auf Buffalora, wo die jungen Föhren wie Christbäume auf einem weiss-glitzernden Feld standen, was den Postautochauffeur dazu brachte, rasch den Fahrersitz zu verlassen und ein Bild zu machen…). Arven, Lärchengold, der schneebedeckte Ortler, immer wieder Blicke ins Münstertal oder zurück zum Piz Daint oder Richtung Ofenpass – UND: ich war (fast) alleine. Wär es mir doch ein Gräuel, eine Gruppenwanderung zu machen… das Geschnatter kann mich mal. Es war schon mühsam genug, den Herrn, der mich im Postauto konstant „besprach“, auszuhalten. Manche merkens einfach nicht…
GEHÖRT: Viele Podcasts, gerne jene von Radio München, Übers Meer (der Podcast der mare-Macher*innen), BREITENGRAD, weltwach, Apropos, SWR 2 Wissen, Sternstunde Philosophie, SRF Perspektiven, Zwischenhalt, Kontext, Literaturfenster Schweiz, 100 Sekunden Wissen, bevegt-Podcast uvm. Ein Universum auf das ich ähnlich ungern verzichten würde wie auf den häufigen Besuch „meiner“ beiden Bibliotheken.
GEÄRGERT: Das verlogene Getue um die Wolfsrisse. Das einem der Verlust der Tiere weh tut, verstehe ich gut. Das schlimmste Raubtier ist jedoch der Mensch: in der Schweiz werden pro Jahr über 50 Mio. Tiere getötet, um sie zu essen. Vorsätzlich und kaltblütig! Da sprechen dann die Wolfsjäger nicht über Grausamkeit. Was anderes ist es, wenn bereits bei der Geburt eines Tieres feststeht, dass es gemästet wird, um von Menschen ermordet und gegessen zu werden?
GEFREUT: Die Weltlage macht es einem ja nicht einfach. Ganze Litaneien wären aufzuzählen, alle dazu angetan, Freude und Ausgeglichenheit mit ihrem Gift zu zersetzen. Weil es vermutlich niemandem hilft, wenn einem die Bitterkeit zersetzt, ist diese Rubrik von besonderer Wichtigkeit. Titelgewinner ist hier mit grossem Vorsprung der Garten. Was war das für ein Jahr! Dass hier auf 1000 MüM Tomaten und Chili bis jetzt (1.Nov) noch ausreifen, dass es kistenweise blaue Muscat gibt, Beeren in Hülle und Fülle, dass ich (die Apfelliebhaberin) während etwa 70 Tagen einen eigenen Topaz essen kann und und und. Da spüre ich grosse Dankbarkeit. Eine eigene Liga sind nahe Beziehungen – Kontakte die nicht unter der unsäglichen C-Diskussion gelitten haben, Sein in der Natur, die reflektierende Innenschau, Bücher, Musik, frei gewähltes Engagement. Und Zeit.
Da regt sich mehr als Dankbarkeit, nicht mehr im pflegerisch-sozialen Umfeld tätig sein zu müssen. Wie die Schieflage im Gesundheitswesen zu korrigieren wäre, weiss wohl niemand, bzw. es gibt Kräfte, die das um ihrer Geldbörse willen auf keinen Fall möchten. Wers vermag, liegt privat, alle anderen können nur hoffen, dass sie durchsetzungskräftige Angehörige haben. Arg. Sehr arg.
GEGESSEN: Tomaten in allen möglichen Variationen, gefüllt mit Kräutern, Käse und etwas Paniermehl mundeten sie besonders. Kürbissuppe mit Schwarzkohl nach diesem Rezept: https://splendido-magazin.de/index/gerichte/suppen/kuerbissalbei, Cavolo nero gibt es im Hügelgarten und Kürbisse kommen vom Biohof Schuepfenried.
GETRUNKEN: Aroniasaft der Stiftung Tosam, dank Bruders Einsatz 😉
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Ostwärts – eine Rückschau
Winter ist Vorreisezeit oder Zeit für Kopfreisen – sorgsam wollen die karg zur Verfügung stehenden Ferientage des neu angebrochenen Jahres eingeteilt und geplant werden. Zeit aber auch für eine Revue auf die Ostreise des vergangenen Jahres. Ostreise ? Ja….unser Entscheid, eine Region in Ostpolen an der weissrussischen Grenze zu besuchen und zu erkunden, stiess auf oftmaliges Nachfragen. Sowenig wie wir konnten die Bekannten Ostpolen als Feriendestination einordnen. Uns war es ernst, und wir hatten zudem guten Grund, da in jener Region bekannte, aus hiesiger Enge Ausgewanderte einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb bestellen. In loser Folge also ein paar Kurzberichte von Erlebtem, Gesehenem und Er-fahrenem anlässlich dieser ungewöhnlichen Reise, die doch oftmals auch während des jetzigen Alltags immer wieder Bilder zu Kopfe steigen lässt.
Am Morgen des 31. August ist der „Moritz“ mit dem Nötigen beladen, um uns gute 14 Tage grösstmögliche Unabhängigkeit zu ermöglichen. Wir haben beschlossen, in einigermassen flottem Tempo bis in die Nähe von Dresden durch die Weiten unseres Nachbarlandes zu fahren. Wir schaffen es mit den unvermeidbaren Kaffeepausen, anlässlich der einen wir noch den Apfelvorrat aus Wildsammlung anreichern können, bis rund 40 Kilometer vor Dresden, wo wir einen einfachen, unspektakulären Übernachtungsplatz neben einem offenbar unbefahrenen Schmalspurbahntrasse finden. Wahrscheinlich heute nur noch eine Nostalgiebahnstrecke von Nossen bis Freiberg. Mit Sichtungshunger auf die Stadt Dresden ungestörte Nachtruhe tief im Sachsenland – zu unserer Kindheit noch hinter dem eisernen Vorhang in der DDR.
Dem Trend entgegen
Mit Feuerwerk (man darf sagen mit weniger als auch schon), mit viel politischem Getöse, von Mauerbau bis Gelbwesten und nun auch noch mit der weiss und reich befrachteten meteorologischen Grosswetterlage, bemüht sich das neu erblühende Jahr schon in den ersten Wochen, einem in den Strudel von Aktivismus und allgemeiner Verunsicherung zu ziehen.
Da gelüstet es mich, diesem Trend etwas Ruhendes und Sinn – bildliches gegenüber zu stellen.
Zeitgenössischer – der Zeit angepasster, meine Sinne nicht beleidigender Architektur, mit Interesse und Neugier begegnend, sei an dieser Stelle als Eintrittspforte zum neuen Jahr die Kapelle auf der Alpe Vordere Niedere bei Adelsbuch im Bregenzerwald kurz vorgestellt.
Die Kapelle wurde auf 1600 m Höhe auf erwähnter Alp aufgrund eines Versprechens der Bewirtschafterfamilie erbaut.
Die Frau erlitt eine Fehlgeburt ihres ersten Kindes. Darauf gelobten die Eltern, im Falle der Geburt eines gesunden Kindes auf der Alp eine einfache Kapelle zu errichten. Ein gesundes Kind kam zur Welt und 2007 schrieb die Familie einen Architekturwettbewerb aus, dem Gewinner winkte ein Preis von 3 Laib Käse aus der alpeigenen Sennerei. So „dramatisch“ die Entstehungsgeschichte, so unaufgeregt der schlichte und in seiner strengen Einfachheit beeindruckende Holzbau. Die Kapelle ganz in Holz aus der nahen Umgebung mit einem schmalen Lichtband, das den Altar illuminiert, ruht auf einem Natursteinfundament an der Kante des jäh abfallenden Hanges und richtet den Blick in die Weiten des Bodenseeraumes.
So gekonnt einfach, kann ein Bau dem Be – suchenden Ruhe, Bescheidenheit, und Achtung vor handwerklichem Geschick nahe bringen und so zu einem guten, besonnenen Einstieg für das 2019 werben.
Kopfreise
Bedrückend und schön, fast tägliche Realität: Ungeahnte Welten entdecken (Musik, meistens; Bücher, Bilder, Künstler; Seelenverwandte, zu selten, leider…), zufallend, weil die Schreiberin vor dem Gang ins Stadtbüro ins nahe Café geht, die Kulturseiten samt Espresso geniesst und irgendwo, ganz klein, findet sich ein Hinweis, sie liest ihn, „In My Solitude“ – solitudine – es gibt Worte, die haben eine ganz eigene Magie, Melancholie wäre so oder mäandern oder Meerhaut oder … der Hinweis auf ein Konzert mit Branford Marsalis, notiert, gehört, fortgetragen – noch einmal ein Mintdrink im Ritablue – und DIESE Musik… in Barcelona…
Nordwärts Teil 3: Bruchstücke aus Schweden
Kunst, Wasser und Wald fallen der Reisenden als spontane Oberbegriffe für den dritten und abschliessenden Teil dieser Nordwärts-Trilogie ein. Sie bleiben auch nach einigen Minuten, nein Wochen! Nachdenken wesentlich und bedeutsam – dass dabei ein meteorologischer Traumsommer Einfluss hat, zeigen die Bilder. Andersrum wären vermutlich Wasser und Wald etwas in den Hintergrund gerückt, dafür wäre es die eine oder andere Ausstellung mehr geworden, vielleicht wäre mal ein tolles Hotel zur Sprache gekommen oder eine vertiefte Innenansicht eines Gebäudes.
Über die Öresund-Brücke (Verbeugung vor der Ingenieurs- und Baucrew!) sind die Wildcamper nach Schweden gekommen. Weil vorgängig festgelegt war, dass „weilen wo es passt“ vor hektischem Abklappern vermeintlicher Sehenswürdigkeiten kommt, öffnete sich ein weites, grosses Feld bzw. Land und Landschaft. Es mag Gründe und Orte geben, wo organisierte Reisen ihre Berechtigung haben, für die Reisenden wären sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht praktikabel. So gestalteten sich viele Reisetage vorerst als unbeschriebene Blätter, mit mitreisender Schlafgelegenheit und einem Essensvorrat für die nächsten 3 Tage. Wald, Wald, Wald, Seen und Seen die eigentlich Flüsse sind, das Meer und ja sicher! ein Elch am Strassenrand, der einzige auf der langen Reise.
Die abseits wohnenden Reisenden werden hierzulande immer wieder auf ihre für viele eigentümliche Wohnlage angesprochen: ob man ganzjährig hier wohne, wie man da denn einkaufe und vor allem, ob frau denn keine Angst habe, durch den Wald und so abseits und so weiter und so fort. Nun also, die besorgten Frager sollten mal nach Schweden: es gibt natürlich Dörfer und Städtchen, doch sehr viele Menschen wohnen in gerodeten Lichtungen im WALD! Die typisch roten Häuschen stehen da und was vielleicht alle eint, ist der stets perfekt geschnittene Rasen rund um diese Häuser. Die Fahrenden sahen an keinem einzigen Ort einen nicht perfekt geschnittenen Rasen. Vor gut zwanzig Jahren ausgewanderte Schweizer, denen die Reisenden einen Besuch abstatteten, wussten, dass das der perfekte Rasen unabdingbar ist. Um nicht gegen eine ungeschriebene, aber unumstössliche Regel zu verstossen, fahren Enkel samt Rasenmäher zum Haus der gerade erkrankten oder auslandabwesenden Grossmutter.
Abgesehen vom Sein und Leben in der Natur gab es Zwischenhalte, wie hier in Bergdala, einer der verbliebenen Glasbläsereien in einer Region, in der dieses Handwerk einst sehr verbreitet war. Dass aus Sand letztlich Glas wird – ein erstaunlicher und spannender Vorgang.
Nicht immer ganz einfach gestaltete sich die Suche nach „wilden“ Stellplätzen – das mag durchaus mit der Erwartungshaltung der Reisenden zu tun haben (Waldlichtung, Seezugang, Beerenvorrat, keine Häuser…). Mit etwas Effort und kleineren Abstrichen gelang es fast immer, „gut“ zu übernachten. Wobei zu sagen ist, dass die Fahrenden in Kopenhagen und in Stockholm auf einem stadtnahen Campingplatz waren (ca. 10 km ausserhalb der Stadt) und dann jeweils per Velo in die Städte fuhren. Über Campingplätze und die dort zu beobachtenden Phänomene wäre ein seeehr langer Beitrag zu schreiben.
Der Idealplatz der Reisenden sieht etwa so aus:
Unweigerlich kommt die Frage nach den Mücken. Eine Woche vor Reiseantritt schluckte die von den Mücken geliebte Schreiberin homöopathische Chügeli (verändern die Körperausdünstungen… hmmm….), dann kam Spray forte mit und Mückengitter. Was traf frau an: ja, es gibt Mücken. Bevorzugt beim Eindunkeln und auffliegend, wenn frau durchs Heidelbeerpolster schlurft. Insgesamt waren im Norden aber nicht mehr deftige Mückenstichstellen zu erdulden als einem Schweizer Open-Air oder in Süditalien.
Bei aller Verbundenheit mit der Natur bestätigte diese Reise gewisse Vorahnungen (mindestens für die weibliche Hälfte des Reiseduos): Die Topografie im Landesinnern ist geprägt durch Wald und Wasser und wird mit der Zeit auch eintönig, mindestens wenn sie mit der spannungsreichen CH-Landschaft verglichen wird. Das ändert in Küstennähe und stimmt nicht für den südlicheren Teil Schwedens, wo eine etwas hügeligere Landschaft vorherrscht. Fast bedrückend wirkt sich (für die Schreibende) die Tatsache aus, dass kaum eine Erhöhung einen minimalen Überblick ermöglicht. Gut, sie ist appenzellerhügelgeprägt – soviel müsste es gar nicht sein, doch ab und zu den Blick „übers Land“ schweifen lassen, hat schon eine hohe Qualität. DAS war selten möglich und erzeugte dann und wann ein Gefühl von „in der Landschaft ersticken“. Wie es oberhalb von Uppsala aussieht, kann nicht beurteilt werden, die verschlafene Universitätsstadt war der nördlichste Punkt dieser Reise.
Stockholm – zwischen Mälarsee und Ostsee auf 14 Inseln liegend, bietet unendlich viele Sehenswürdigkeiten und hat ganz viel „Südliches“. Wie bereits in Kopenhagen waren die Reisenden auch hier ausschliesslich mit dem Velo unterwegs, was in diesen velofreundlichen Städten pure Freude ist und weit weniger müde macht als das Unterwegssein zu Fuss, in Bus oder Metro. (Vom Gegenwind mal abgesehen…). In solchen Momenten wünscht frau sich das Appenzellerland flacher ;-). Oder evaluiert die Anschaffung eines E-Bikes.
Eine Fotostrecke möge einen kleinen Einblick geben in die Tage in der nordischen Metropole, in der gleich wie in Kopenhagen Architektur und Kunst am meisten Platz bekamen. Damit wird die Nordtrilogie abgeschlossen – sie muss zeitgeschuldet fragmentarisch bleiben und kann verschiedenste „Brennpunkte“ nicht ausführen – wir hatten die sehr geschätzte Gelegenheit, bei einem Schweizer Paar, welches seit langem in Schweden lebt, unsere Beobachtungen zu diskutieren. Ein eindrücklicher und aufschlussreicher Reiseabschluss!
Begegnungen
Ein paar Stunden mehr frei, eine spontane Einladung und ein minimaler aber doch mutmachender Zuwachs an Energie gebiert ein facettenreiches Wochenendprogramm:
Wiedersehensfreude, Seefarben die eine Handykamera nur rudimentär wiedergibt; Kunst, die beflügelt, bedrückt, begeistert; eine Begegnung mit einem Fremden in der Bundeshauptstadt und gleichenorts Ohrenzuhalten beim Aufmarsch der Demonstranten (bewusst die männliche Form gewählt) und beim Marsch heimwärts ein ganz besonderer Abendhimmel.
Das Bild zum See ist oben – Nebel, Kälte und die Farben liessen den Brienzersee und seine Umgebung geheimnisvoll mystisch, kühl und unnahbar wirken – rege Begeisterung bei der Panoramaliebhaberin.
Ueber Bäume „About Trees“ heisst die aktuelle Ausstellung im Paul Klee Zentrum in Bern, namhafte Künstlerinnen und Künstler stellen aus, die Schauende stand unter der glücksbringenden und schutzgewährenden Birke und wanderte von Abteil zu Abteil – lohnenswert – fast jedes Werk hätte Vertiefung und Erwähnung verdient – zwei bzw. drei bleiben in besonderer Erinnerung:
Peter Doig, der Maler, mit dem die Reisenden in Kopenhagen Bekanntschaft machten – leider einseitig, aber man wäre wohl in jedem anderen Falle sprachlos gewesen, von ihm gibt es in Bern zwei Bilder, eines davon ist dieses:
Bitter, dass frau seine Ausstellung in Basel verpasst hat…
Mehr als betroffen macht das Werk der Künstlerin Berlinde De Bruyckere, die einen vom Wind gefällten Baum bearbeitet und mit einer wächsernen Schicht überzogen hat. Das Werk weckt Assoziationen an abgesägte Körperteile, ein Schlachttier, Verletzungen, Blut, an Lappen die um Wunden gelegt wurden, Krieg – und an einen schutz- und wurzellosen Baum der er ist. Bei der Betrachtenden wurden auch Erinnerungen wach an Werke von Louise Bourgeois. Schwer, den Blick nicht abzuwenden und ebenso schwer, ihn abzuwenden… Nachhaltigkeit garantiert!
Das Ausstellungsplakat von „About Trees“ zeigt ein Videostill aus der Arbeit von Shirin Neshat. Inspiriert von einer Saga über Tooba, den heiligen Baum, verbindet diese Videoarbeit Gedanken zum symbolischen Stellenwert des Gartens in den mystischen Traditionen Persiens und Assoziationen zu kollektiven Ängsten, Verletzlichkeit und Macht. Wem welche Attribute zukommen, bleibt offen. Archaische, starke Bilder.
In der Absicht, sich einer Berner Buchhandlung einen Überblick zu verschaffen (das ist seit dem Leselernalter gleich geblieben: irgendwo vorgestellte Bücher, Rezensionen etc. haken sich in den entsprechenden Hirnwindungen fest… kürzlich fielen der schreibenden Leserin die SJW-Hefte ein und dass sie davon als Schulkind frei bestellen durfte wie überhaupt der Lesestoff im Elternhaus nie fehlte: viele Bücher, zwei Tageszeitungen und mehrere Wochenblätter, Hefte und Magazine kamen regelmässig ins Haus…)
Also: so unterwegs begegnete der Buchliebhaberin ein Mann bzw. ein vollbepacktes Velo samt Mann. Dass soviel auf einem einzigen Fahrrad Platz finden kann, erschien ihr als kleines Wunder und ihr Blick ging vom Fahrrad zum Mann und vom Mann zum Fahrrad – vermutlich genau so lange, dass der Mann Mut fasste und seinen beladenen Drahtesel Richtung Frau steuerte. Hinten am Fahrrad baumelte zwischen Länderflaggen eine kleine Pfanne, eine Tasse, darunter ein Zelt samt Schlafsack. Sie sprach zuerst. Das sehe nach längerer Reise aus, sagte sie und er: ja, seit dem Frühling sei er unterwegs, durch die nordischen Länder und jetzt sei er hier und es sei kalt geworden. Nein, keine Vergnügungsreise – die Frau sah, dass er mehrere Kleider übereinander trug und wohl keine weiteren bei sich hatte – er sei aus Rumänien und habe sich aufgemacht, um Arbeit zu suchen um seine Frau und seine drei Kinder zu ernähren. Mittlerweile sprechen Mann und Frau italienisch, ob sie ihm nicht eine Arbeit geben könne, fragt er, damit er noch ein paar Franken mitnehmen könne, er wolle zurück und könne nicht mehr draussen schlafen.Im Café erzählt er aus seinem Leben – trist, schwer, ohne Perspektive und wie die Beiden da sitzen in diesem Berner Café befällt die Frau Scham – nicht wegen ihm, dem Mann der auffällt in diesen eleganten Räumen, nein die schön-polierte Oberfläche von Gästen und Raum sind es, der Schaum auf dem Café, das Gefälle, das in diesem Moment so sichtbar ist, getrennt durch den Tisch zwischen den Beiden. Arbeit hat sie keine zu vergeben. Das Büchergeld reist mit ihm.
Zurück im Osten warten Alletage und Arbeit: statt das Fehlende zu beklagen sei das Vorhandene zu würdigen: für den gestrigen Montag ist das dieser Abendhimmel, der die Hügelfrau auf ihrem Heimweg begleitet. Und Dankbarkeit für alle Begegnungen …
Das Geschenk am Stadtrand
Nordreisend machten die Schreibenden auch in der schwedischen Metropole Halt. Die Stadt, die auf 14 Inseln im Schärengarten vor der Ostsee gewachsen ist, lässt sich nicht so einfach überschauen. Der alter Stadtkern (Gamla Stan) und das angrenzende Fährhafengelände sind der einfacher zu erkundende Teil. Viel Interessantes liegt um dieses „Zentrum“ auf den umliegenden Inseln, verbunden mit unzähligen Wasserwegen und Brücken. Landratten wie unsereiner müssen da zuerst mit all den Kanälen zurechtkommen. Zum letzten Aufenthaltstag lockte ein Besuch auf die Insel Lidingö, dort, so versprach ein kleiner Eintrag im Reiseführer, befinde sich der öffentlich zugängliche Garten eines bekannten schwedischen Bildhauers – Millesgården. Das Wetter zeigt sich für einen Gartenbesuch von der allerbesten Seite und die Reisenden finden sich erwartungsvoll und zeitig – vor Pfortenöffnung – an der Adresse inmitten eines Wohnquartieres ein.
Was der Herr, der um 10 Uhr die Tore zum Garten offnet, für die BesucherInnen zugänglich macht, ist mehr als eine Ueberraschung und rechtfertigt allein eine Nordreise. Anfangs ungläubig in die Morgensonne blinzelnd, betreten die Gartengäste durch ein niedriges einfaches Empfangsgebäude eine Garten – Skulpturen Anlage von betörender Schönheit . Der auf verschiedenen Ebenen angelegte Garten mit den darin eingebetteten und installierten Skulpturen ergreift die Besuchenden nicht bloss auf der visuellen Ebene. Man taucht ein, und das Getriebe der Stadt ist weit weg – auf Kieswegen über Treppen und Terrrassen, vorbei an teils riesigen wasserspeienden Figuren, ästhetisch anspruchsvollst gestalteten Wasserbecken oder zierlichen, scheinbar im blauen Himmel hängenden Tänzerinnen und Posaunen spielenden Engeln. Man erkundet das Reich des des Künstlerpaares Carl und Olga Milles, die an eben diesem Ort gelebt und gearbeitet haben und dieses einzigartige Kleinod am Stadtrand der Nachwelt hinterlassen haben. Erhöht, mit Blick über Garten und Stadt, stehen vom Architekten Karl Bengtsson entworfen das grosszügige Wohnhaus und Atelier des Paares. Die Räumlichkeiten sind dem interessierten Besucher ebenfalls zugänglich und eröffnen Einblicke in die persönlicheren Vorlieben der einst hier Lebenden. Die Affinität zum mediterranen Kulturraum mit entsprechenden Farben, Formen und lichter Raumgestaltung verleitet dazu, sich viel weiter südlich zu wähnen. Inmitten der Anlage lädt ein Bistro zu Speis und Trank ein und man möchte einfach in diesem Garten bleiben – den ganzen Tag…………….
Wie wenn frau es nicht sowieso schon wüsste…
… dass auch der längste Sommer irgendwann vorbei ist, endgültig vorbei, ja dann wäre das hier die finale Bestätigung. Gefunden ein paar Schritte vor dem Eingang zum Stadtarbeitsplatz. Die Kippen, das sei gesagt, stammen nicht von der arbeitenden Schreiberin, in den Schuhen hingegen (Waldviertel, was sonst) stecken die Füsse einer Frau, die sich an die Wärme träumt …
Einschub
Ein Mikroeinschub, bevor die Nordreise mit Teil drei ihrem Ende zugeführt werden soll. Falls die Leserin oder der Leser Herbstferien geniessen dürfen und gedenken, diese in der Schweiz zu verbringen, wäre dieser Ort einen Besuch wert. Sie liegt ja nicht grad vor der Haustüre – die Westschweiz – ein leicht in die Länge gezogenes Wochenende oder eben einige Ferientage dürfen es schon sein. Initial war da der Auftakt zur Vacherin-Mont-d’or Saison, alljährlich begangen in Le Charbonnières im Jura. Während diese besondere Käsespezialität von verschiedenen Produzenten oder Affineuren zum Kauf angeboten wird, wird auf der Dorfstrasse eine Art Alpabzug zelebriert, wobei die im Appenzellerland lebende Beobachterin nicht umhin kommt, schon fast wehmütig an „unsere“ Alpabfahrten zu denken. Nun ja. Es gibt halt diese und solche. Der Käse ist gekauft, während der Tee am Vortag noch draussen und wenige Meter vom Lac de Joux entfernt getrunken wurde, trieb die samstägliche Bise die Käsefreaks ins Festzelt, Museum oder zum Café mit. Wie mann/frau vor 12 Uhr und schlotternd Weisswein trinken kann, wird der Klammfingerschreiberin genau so ein Rätsel bleiben wie die Frage, wie man auf nüchternen Magen das ominöse Energiegetränk in der silberblauben Dose trinken und dazu eine Zigarette rauchen kann.
Den Käse, bzw. die Käse – etwas Vorrat sollte sein – an einem kühlen Ort versorgt, lockt das nahe Aubonne mit seinem Arboretum. Seit langem auf der Liste der zu besuchenden Orte zeigt sich rasch, dass ein Besuch niemals ausreichen kann und dass vom Frühling bis in den Spätherbst ein wechselndes Schauspiel an Farben, Blüten, Früchten und Silhouetten zu bewundern ist. Ein ganzes Tal ist in diverse Bereiche unterteilt, so stehen da einige araucarias, andernorts Linden aller Art, Hagebutte, Apfelbäume (nur schon die Sortennamen zu lesen ist Ohrmusik), alle möglichen Nadelbäume, Hortensien (die geliebten) und und und.
Ein Minieinblick:
Nordwärts Teil 2: Kopenhagen
War das schön! Wunderbar! Geht nach Kopenhagen, wenn ihr eine Städtereise machen wollt. Vorausgesetzt, ihr fährt Velo und möchtet mal so richtig im Velostrom mitradeln, weiter schätzt ihr gutes und gesundes Essen, alte und neue Architektur; Museen, die es in sich und ausser sich haben (die Kunst!); relaxte und gesund wirkende Menschen (im Sinne von weder übergewichtig noch klapperdünn); immer wieder die Nähe zum Wasser undsoweiterundsofort.
Die schreibende Velofahrerin vermisst das Velofeeling (18 bzw. 24%-Steigung/Gefälle, um auf „meinen“ Hügel zu kommen und absolute Unlust, verschwitzt irgendwo aufzutauchen laufen lustdiametral). Auf der Vermissten- oder besser auf der Wenigstenseinmalgesehenliste stehen u.v.a das Café des Louisiana und die phänomenale Lage dieser Ausstellungsräume, das Operahuset, (siehe Beitragsbild), die Königliche Bibliothek, das Konzerthaus (es nachts kobaltblau beleuchtet zu sehen, haben die Reisenden verpasst) und das Skuespilhuset, Nyhavn, Arken oder IRMA.
Anstelle vieler Worte einige Bilder:
Viel Spannendes gesehen, noch viel viel mehr NICHT gesehen… eine Ahnung immerhin und das noch: die Reisenden nutzten auch den innerstädtischen öV. Wenn sie dann mal ein Ticket hatten. Was einem sowohl in Schweden als auch in Dänemark nicht ganz einfach gemacht wird. Ein an sich schon nicht ganz unkompliziertes Ticketsystem auf dänisch hat seine Tücken, keine Übersetzungen in die englische Sprache, entweder frau/man lernt rasch dänisch oder fährt schwarz. Die Reisenden fuhren nicht schwarz. Punkt. Geld wird im Norden, v.a. in den städtischen Gebieten am allerallerliebsten via Kreditkarte entgegen genommen, auch für Kleinstbeträge. Schon Zehnjährige bezahlen ihre Krämereien am Kiosk mit einer Kreditkarte – ungewohnt und vermutlich Zukunft.
Die Reise geht weiter…