Archiv der Kategorie: Charles Martin

Ostwärts – eine Rückschau

Winter ist Vorreisezeit oder Zeit für Kopfreisen – sorgsam wollen die karg zur Verfügung stehenden Ferientage des neu angebrochenen Jahres eingeteilt und geplant werden. Zeit aber auch für eine Revue auf die Ostreise des vergangenen Jahres. Ostreise ?  Ja….unser Entscheid, eine Region in Ostpolen an der weissrussischen Grenze zu besuchen und zu erkunden, stiess auf oftmaliges Nachfragen. Sowenig wie wir konnten die Bekannten Ostpolen als Feriendestination einordnen. Uns war es ernst, und wir hatten zudem guten Grund, da in jener Region bekannte, aus hiesiger Enge Ausgewanderte einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb bestellen. In loser Folge also ein paar Kurzberichte von Erlebtem, Gesehenem und Er-fahrenem anlässlich dieser ungewöhnlichen Reise, die doch oftmals auch während des jetzigen Alltags immer wieder Bilder zu Kopfe steigen lässt.

Am Morgen des 31. August ist der „Moritz“ mit dem Nötigen beladen, um uns gute 14 Tage grösstmögliche Unabhängigkeit zu ermöglichen. Wir haben beschlossen, in einigermassen flottem Tempo bis in die Nähe von Dresden durch die Weiten unseres Nachbarlandes zu fahren. Wir schaffen es mit den unvermeidbaren Kaffeepausen, anlässlich der einen wir noch den Apfelvorrat aus Wildsammlung anreichern können, bis rund 40 Kilometer vor Dresden, wo wir einen einfachen, unspektakulären Übernachtungsplatz neben einem offenbar unbefahrenen Schmalspurbahntrasse finden. Wahrscheinlich heute nur noch eine Nostalgiebahnstrecke von Nossen bis Freiberg. Mit Sichtungshunger auf die  Stadt Dresden ungestörte Nachtruhe tief im Sachsenland –  zu unserer Kindheit noch hinter dem eisernen Vorhang in der DDR.

 

 

Dem Trend entgegen

Mit Feuerwerk (man darf sagen mit weniger als auch schon), mit viel politischem Getöse, von Mauerbau bis Gelbwesten und nun auch noch mit der weiss und reich befrachteten meteorologischen Grosswetterlage, bemüht sich das neu erblühende Jahr schon in den ersten Wochen, einem in den Strudel von Aktivismus und allgemeiner Verunsicherung zu ziehen.
Da gelüstet es mich, diesem Trend etwas Ruhendes und Sinn – bildliches gegenüber zu stellen.

Zeitgenössischer – der Zeit angepasster, meine Sinne nicht beleidigender Architektur, mit Interesse und Neugier begegnend, sei an dieser Stelle als Eintrittspforte zum neuen Jahr die Kapelle auf der Alpe Vordere Niedere bei Adelsbuch im Bregenzerwald kurz vorgestellt.
Die Kapelle wurde auf 1600 m Höhe auf erwähnter Alp aufgrund eines Versprechens der Bewirtschafterfamilie erbaut.
Die Frau erlitt eine Fehlgeburt ihres ersten Kindes. Darauf gelobten die Eltern, im Falle der Geburt eines gesunden Kindes auf der Alp eine einfache Kapelle zu errichten. Ein gesundes Kind kam zur Welt und 2007 schrieb die Familie einen Architekturwettbewerb aus, dem Gewinner winkte ein Preis von 3 Laib Käse aus der alpeigenen Sennerei. So „dramatisch“ die Entstehungsgeschichte, so unaufgeregt der schlichte und in seiner strengen Einfachheit beeindruckende Holzbau. Die Kapelle ganz in Holz aus der nahen Umgebung mit einem schmalen Lichtband, das den Altar illuminiert, ruht auf einem Natursteinfundament an der Kante des jäh abfallenden Hanges und richtet den Blick in die Weiten des Bodenseeraumes.

So gekonnt einfach, kann ein Bau dem Be – suchenden Ruhe, Bescheidenheit, und Achtung vor handwerklichem Geschick nahe bringen und so zu einem guten, besonnenen Einstieg für das 2019 werben.

Ausstieg als Einstieg

Während 3 Jahrzehnten haben SIE mich begleitet und zu einem guten Teil auch meinen Tagesrhythmus und Jahresgang mitbestimmt. Vor rund 10000 Jahren haben sich die Ziegen erstmals mit Menschen eingelassen (oder der Mensch sich mit ihnen). Die gemeinsame Geschichte ist also eine lange und bemerkenswerte – trotzdem blieben sie als Begleiter der menschlich-tierischen Enwicklungsgeschichte  über all die Zeit und bis heute eine Minorität. Das mag an ihrem nicht gerade einfachen Wesen und all den zutreffenden (und angedichteten) Eigenarten liegen, die sie sich bis dato bewahrt haben und wohl auch nicht abzulegen gedenken. Eben diese charakterlichen und physischen Eigenheiten haben jene, die mit Geissen „zu tun gedachten“ abgeschreckt oder aber vorbehaltlos für sie eingenommen. Bei mir war zweites der Fall. Durch Zufall kam ich mit ihnen auf „Fellfühlung“ und hatte die Möglichkeit, diese Begegnung auszuweiten und über recht lange Zeit mit allen Begleitabenteuern und Lernfeldern zu erleben.

Strandgut des Zeitflusses sind stets kleinere und grössere Veränderungen – so kommt es, dass die Felltiere nun versucht sind, mit ihren „Kapriolen“ weitere Zeitgenossinnen in ihren Bann zu ziehen. Im Verlauf dieses Jahres übernehmen Sibil und Stefan mit Ida und dem bis dato noch unbenannten und ungeborenen Menschlein die Betreuung des Landwirtschaftlichen Kleinstbetriebes mit der dazugehörenden Geissenherde. Ich werde – so hoffe ich – Zeit und Gelegenheit finden, an dieser Stelle die neue Konstellation auf dem Geissenbetrieb schreibend und bebildernd zu begleiten – sicher verbunden mit diversen berichterstattenden Ausschweifungen und Abstechern in verwandte Themenbereiche. Schliesslich ist ja im Februar in China auch das Jahr der Ziege angebrochen….

Märit

Bern pflegt nicht nur den „Zibelemärit“. Dienstags und Samstags bieten die „Märitlüt“ in der Bundesstadt ihre Waren an hunderten von bunten Ständen feil. Besonders der noch etwas umfangreichere Markt am Samstag sei empfohlen. Sei es um zu „gwundern“ oder natürlich um sich mit Rohprodukten einzudecken, die sonst nicht in dieser Frische und  Auswahl angeboten werden. Wir beginnen unseren Rundgang gleich beim Südaufgang des Bahnhofsbauches, auch als „Löbegge“ bekannt (wenn wir Glück haben mit Posaunenfanfaren) und biegen dort in die Schauplatzgasse ein. (Die Fotos können durch Anklicken vergrössert werden)

IMG_0279-1IMG_0274-1

Am Rand der charakteristischen Laube, die Bern’s Gassen eigen sind, reihen sich Stand an Stand. Schnell wird klar, dass die Gemüsebauern aus dem nahen Seeland stark vertreten sind. Nicht selten kommen Familienbetriebe seit Generationen mit ihren Waren auf den Berner Markt. Ende Schauplatzgasse treten wir hinaus in’s Gewimmel des Marktgeschehens auf dem Bundesplatz. Hier wird die ganze Fülle des Marktes offenbar. Gemüse in allen Varianten, Farben und Qualitäten, von exotisch bis bodenständig, von (viel) bio bis (wahrscheinlich) hors Sol wird angepriesen. Daneben prachtvolle Blumengestecke, Setzlinge und Mengen an Früchten, Käse, Pilzen, Dörrfrüchte und der vielen Gaumenfreuden mehr.

IMG_0246-1IMG_0249-1IMG_0253-1IMG_0271-1

Uneingeweihte gehen nun davon aus, dass der Marktbesuch beendet sei und man zum Kaffee schreiten könne (Märkte besucht man ja vorzugsweise früh am Tag),  der Berner Markt bietet aber mehr! Der für mich beschaulichste Teil des Geschehens erschliesst sich erst nach einem kurzen Bummel vom Bundesplatz via Amthausgasse Richtung untere Altstadt. Vorbei am altehrwürdigen „Cafe du Theatre“ über den Casinoplatz mündet unser Weg in die Münstergasse. In einer der ältesten Gassen Bern’s stehen hier die Stände beidseits der Strasse dicht an dicht. Das Angebot ufert hier bis mediterran und oriental aus, was nicht heissen will, dass das Einheimische zu kurz kommt. Es gibt Sirup, grüne Datteln, Dauerwurst, Ananas, Büffelfleisch, Harissa und prachtvolle Käseauslagen, ob deren Fülle die heutige Wahl ein Versprechen an das Nachbarkäsli für den nächsten Samstag ist.

IMG_0263-1IMG_0252-1IMG_0265IMG_0256-1

Hier  kann sich das Auge satt sehen, der Magen wird stimuliert und die Einkaufstasche füllt sich. Wenn es Sommer ist, werden wir nun nicht abgeneigt sein, uns nach dem Gewimmel in der Münstergasse via Münsterplatz auf die Münsterplattform zu einem Kaffee mit Aussicht zurückzuziehen, (nicht ohne beim Passieren des Münsterportals kurz vor dem Anblick des Jüngsten Gerichtes zu erschauern).

Es darf gesagt werden, dass wir auf diesem Marktbummel auch gerade einem schönen Teil bekannten und weniger bekannten Sehenswürdigkeiten der Stadt die Aufwartung gemacht haben. Um das Mass voll zu machen, flanieren wir vom Münster via Münstergässchen in die Kramgasse hinüber, der wir stadtaufwärts folgen, um auf diesem Weg noch dem „Zytglogge“ die Referenz zu erweisen. Nebst dem kunstvollen Glockenspiel und den Trauben von fotografierenden Touristen hat der Zytglogge auf seiner unspektakulären Nordseite nämlich noch eine kleine Einrichtung die ich und andere  ortskundige Männer oft zu nutzen pflegen – anstatt im Bahnhof bei „Mäk-Kliin“ für 2 Fränkli ! tun wir’s hier gratis.

IMG_0269-1