Archiv der Kategorie: Auswärts

Zurückgeschaut 12

Gewesen: Im Salento (Apulien), genauer in Otranto. Tage voller Südlicht, blauem Himmel und wunderbaren Meerfarben. Die Reise wurde kürzer als geplant, der Schlenker in die Basilicata und nach Rom folgt zu gegebener Zeit. Obiges Bild zeigt einen Ausschnitt des Hafens. Dort liegt das Wrack des Bootes Kater i Rades (meine Tastatur macht keine Pünktchen auf dem e, die beim Schiffsnamen eigentlich dazugehören würden). Das Boot sank nach einem „Zwischenfall“ mit einem ital. Küstenwachschiff, gegen 100 albanische Flüchtlinge verloren ihr Leben. Das Wrack wurde gehoben und durch den griechischen Künstler Costas Varotsos als Mahnmal gestaltet. Interessierte lesen hier weiter:
Schiffsunglück von Otranto – Wikipedia
Gewandert: auf eine neue Art, nämlich ab Otranto dem Meer entlang bis zum östlichsten Punkt Italiens Capo d’Otranto oder Punta Palascia. Vorbei an einer weitgehend unverbauten, kargen und immer wieder karstigen Küste. Der Weg nicht immer leicht ersichtlich, da die Küste nicht durchgehend begehbar ist (felsig), was die Wandernden dazu zwingt, durch eine Art Macchia hochzusteigen. Den Weg mehr erahnend als sehend hab ich die Landzunge erreicht, die nur etwa 80 km von der albanisch-griechischen Küste entfernt ist. An sehr klaren Tagen (oft im November, sagte man mir) können die albanischen Berge von Auge gesehen werden. An diesem Ort versammeln sich am 1. Januar des Jahres immer viele Menschen, um das neue Jahr zu begrüssen. Da die Küstenwache hier weiträumig eingezäunt hatte, konnte ich nicht zum Leuchtturm hinabsteigen. Was noch anzumerken ist: wir sind hier in der Schweiz

sehr verwöhnt in Bezug auf Wanderwege, Beschriftungen etc.. Bei dieser Meerwanderung die immerhin Teil des Camino del Salento ist, sind Wegweiser Mangelware. Und mit viel Wandervolk war da grad nicht zu rechnen 😉 ABER: für mich war diese Wanderung ganz besonders eindrücklich.
Gegessen: viel grünes Gemüse wie Cima di rapa oder Broccoletti.
Getrunken: Im schönen Café martinucci feinen Espresso (hier mit einer sfogliatelle)

Gebacken: Wieder mal DAS BROT von Chad Robertson mit Mehl aus Schüpfenried.
Gefreut: Über die spontane Hilfsbereitschaft unterwegs – mehrere Male. Balsam in dieser irren Zeit!
Gekauft: Neem gegen die Blattrollerei meines Topaz-Apfelbaumes
Gedacht: dass ich schon lange nicht mehr „hier“ war und einfachste Tools mühsam suchen muss und dabei
Gehofft: dass diese Übung vielleicht gegen das Nachlassen kognitiver Fähigkeiten wirken möge, Dasselbe dachte ich übrigens auch auf der Reise, als ich wegen zig Verspätungen meine Flexibilität und Handlungsstrategien prüfen konnte…
Gesehen: Einen Kurzfilm über eine 85-jährige Frau die alleine ziemlich abgeschieden wohnt. Mich beeindruckten ihre körperlichen Fähigkeiten und ihre ausdrucksstarken Augen. Wow! Nie aufhören, zu arbeiten und „eine saubere Seele bewahren“ nannte sie als Rezept für ihr Wohlbefinden. Leider nur in ital. Sprache zu sehen, doch die wichtigen Dinge versteht man sowieso…
https://youtu.be/78c1zYNsUFM?si=BQjuAKi-NiBlNAZZ
Geträumt: wirres Durcheinander, wenn wunderts
Gefühlt: Freude über die Vogelvielfalt an den Futterstellen.
Gespürt: Angesichts von Mikro- und Makrolage immer wieder einen schwarzen Saum am Rande des Bewusstseins
Geschüttelt: (mich) Oft, wenn ich der desaströsen Weltlage gewahr werde, der Unfähigkeit der Politikergarde, Wege zum Guten zu gehen, der Abwesenheit einer echten Sorge um die Mitwelt und bei vielem mehr.
Geärgert: BIO-Erdbeeren mit Knospe! Jetzt! Gohts no? Wer kauft die? Überlegt da ein Einkäufer irgend etwas?
Und im gleichen Aufwasch: ist euch mal aufgefallen, wie viele Produkte im Laden mit dem M (der jetzt schlank werden soll) aus China kommen? Ja hallo Europa?!
Gelesen: Ich nenne die zuletzt gelesenen. Wer mehr dazu wissen will, findet im Netz alle Angaben.
Julia Schoch: Das Vorkommnis
F.v. Schirach: Nachmittage
Joachim Meyerhoff: Man kann auch in die Höhe fallen
Liebereso Guglielmi: Diario di un Giardiniere Anarchico (ital.)
Aktuell: Noch einmal Paradies von Marc Bielefeld
Folgend: Lichtungen von Iris Wolff
Getroffen: Diese Fischerin am Meer in Otranto. Sie erzählte, dass sie und ihre drei Geschwister bereits als Kind fischen lernten und zwar vom Vater, der Fischhändler gewesen sei. Es gebe in Otranto eine kleine Gruppe fischender Frauen. Sie selbst isst keinen Fisch sondern füttert die Katzen am Meer und schenkt allfälligen Fang ihrer Freundin.

Genug: für heute!

Agriturismo il melograno: Lob und Dank

Weder bezahlte Werbung noch Auftrag noch irgendwas: dieser Beitrag ist ein Lob für einen Agriturismo, der (noch) in keinem Reiseführer steht und der Individualreisenden empfohlen werden kann. Wer weder einem Fähnchen hinterher laufen mag noch Gruppenfeeling sucht, keine Animation benötigt und auf Spa und dergleichen verzichten kann, für den oder die könnte so ein Ort passen. Mehr zufällig in den Netzuntiefen entdeckt, entpuppte sich dieser im letzten Herbst eröffnete  „Agriturismo il melograno“ in der Nähe von Giarre (Catania) gelegene Ort als Glücksfall. Das alte Landhaus (man/frau möge sich nicht vom äusseren Anblick täuschen lassen) hat einige wenige Zimmer (gross, blitzblank und stilvoll eingerichtet) und steht * zwischen Etna und Meer* und begrenzt die dazugehörende, BIO-zertifizierte Zitronen-, Orangen-, Mandarinen- und Granatapfelplantage. Weil ohnehin schon fast gewonnen hat, wer der agrumenliebenden Schreiberin eine solche (temporäre) Wohnmöglichkeit bietet und weil sich der E-Mail-Verkehr mit „Giusi“ derart unkompliziert und freundlich gestaltete, war die Angelegenheit rasch gebucht. Ein einziger Satz zum Thema Geld oder Vorauszahlung oder Zahlungsmodus überhaupt wäre einer gewesen. Kein Thema! Was hat frau doch diesbezüglich schon erlebt… Anbieter, die den ganzen Betrag einfordern, bevor die Reise überhaupt in Angriff genommen wurde… Nun ja.
Zurück nach Sizilien: Zimmer und Frühstück war eh klar, auf Wunsch bestehe die Möglichkeit, dort auch das Nachtessen einzunehmen. Vegetarisch? Vegetarisch! No Problem, schrieb sie. Ok. Zwanzig Jahre Vegi sein lehrt das eine oder andere. Und die Überraschung war perfekt: jeden Abend ein viergängiges, aus saisonalen und regionalen Produkten gekochtes vegetarisches Essen! Keine komplizierte Schischi-Küche: Gemüsegerichte, Pasta, Hülsenfrüchte. Sie hätten noch Hefte und Bücher gewälzt, gestanden die beiden Schwestern, denn eine Woche lang „nur“ vegetarisch hätten sie bisher noch nie gekocht. Hei, super – Auguri den Signora’s von „il Melograno“ – da könnte sich der eine oder andere Ch-Wirt nicht eine sondern mehrere Scheiben abschneiden bezüglich Flexiblität und Fantasie. Es war ganz einfach toll: GRAZIE a Nuccia, Teresa und Dorothea! Und an Giusi! Wunderbar, sich tagsüber auszumalen, was sich die Köchin Nuccia wohl ausgedacht haben könnte und sich dann überraschen zu lassen!
In Sizilien liebt man Süsses. Sehr sogar. Gebäck aus Mandeln – biscotti di mandorle – sind in vielen Variationen zu bekommen. Auf dem Frühstückstisch fanden sich u.a. ebensolche Mandelbiscotti. Solche der Premiumsorte: eigene Mandeln, ganz leicht angeröstet, umhüllen die köstlichen Biscotti. Sie haben definitiv Suchtpotential und sind in dieser Qualität nirgends zu kaufen, da sie „una Signora anziana“ privat herstellt. Gleich wie die Mandel- oder Pistazientorte (natürlich mit den DOP-Pistazien aus Bronte!), welche Dorothea bäckt…
Der Mensch lebt ja nicht nur vom Essen alleine: von den Zimmern schrieb ich schon: gross und hell; es war überraschend ruhig, was auch mit dem frühen Frühling zusammenhängen mag und noch dies: fast jeden Abend hatten die Reisenden Fragen. Fragen zu den Agrumen, der Umgebung mit all ihren Phänomenen oder Ausflugszielen. Und die Fragen wurden umfassend beantwortet, notfalls wurde der oder die konsultiert, um ganz sicher zu gehen. Kurz: ein guter Ort, dem viel Erfolg gegönnt sei…!
P.S. Innenbilder und Fotos vom Essen gibt es nicht, siehe Einstieg. Kein Plan, keine Absicht, nichts! Bilder von möglichen Unternehmungen in der näheren und weiteren Umgebung folgen in den nächsten Tagen.