Archiv der Kategorie: Unterwegs

Nordwärts Teil 1: Vom Brot, Touristen und der Heide

Die Reisenden sind zur Basisstation zurück gekehrt. Auch Südmenschen fahren mal nordwärts ebenso wie die dem Element Erde Zugetane sich auch mal ins Wasser wagt. Zögerlich. Die nomadische Art des Reisens im VW-Bus eröffnet Freiheiten und Sichten, fordert Vorbereitung, ab und zu Geduld und schiebt einem vermutlich näher an Land, Menschen, Fauna und Flora. Statt kontinentalem Frühstück im Hotelbauch Müesli mit selbstgesuchten Beeren am See; Einkaufen in Läden, in denen die Produkte schwedisch und nur schwedisch angeschrieben sind und ein Himmel der sechzehn (16!) Tage blau und fast wolkenlos ist.
Die Wege sind weit, umso mehr wollen sie eingeteilt sein in verträgliche Etappen, verbunden mit Orten, Menschen oder einfachem Sein. Hier wird keine lückenlose Auflistung entstehen, mehr ein punktueller Rückblick auf einzelne Momente, der knappen Zeit geschuldet vermutlich oft mehr bild- statt wortlastig.
Wiederkehrende BlogbesucherInnen wissen es: Brot ist der Schreibenden wichtig, so wichtig, dass sie ihre eigenen Sauerteige züchtet um damit Brote aus gutem Getreide (u.a. von hier) und mit sehr langsamer Teigführung zu backen. Vor ihrer Abreise hat die Bäckerin ihre Freunde kaltgestellt, was übersetzt bedeutet, dass ihre Sauerteige je zur Hälfte getrocknet bzw. tiefgefroren wurden, um nach der Rückkehr ins aktive Hefeleben zurück zu kehren. Im Norden gibt es auch Brot. Sicher. Wirklich gutes Brot ist eher selten zu bekommen. Dann und wann findet sich eine Brotmanufaktur. Kleine Auswahl, Baguettes, Brötchen, grosse Roggenlaibe, Zimt-Kardamomschnecken – das reicht und ist dann meist auch gut. Weil die Brotnot drohte, weil die Schreibende den Bäcker über gemeinsame Bekannte vage kannte und weil seine Brot-Philosophie mehr als anspricht, war ein Blitzbesuch bei Arnd Erbel, dem Freibäcker in der Nähe von Nürnberg gewidmet. Ein Blick in die Backstube, ein paar Sätze und eine geschenkte, noch namenlose Brotkreation, die sich zu den bereits im Laden erstandenen Vorräten gesellte und die wie alle anderen Freibäckereien Gaumen, Magen und Bäckerinnenherz beglückten.

 

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So ausgestattet (logo: die Brote statt Verpackung zu zeigen wäre sinniger. Die wunderbaren Brote sind jedoch nur in Union mit den Reisenden zu sehen und diese lassen wir mal beiseite…) wurde der erste Rastplatz bzw. Waldrand gefunden. Nach einer Fahrt durch äusserst trockene Gegenden Deutschlands – ältere Einheimische erinnern sich nicht an solch trockene Sommer – vorbei an riesigen Maisfeldern, ab und zu Getreide, alles ingesamt im Vergleich zur Schweiz sehr grosse Betriebe (die Fahrenden werden sich weiter nördlich noch wundern…). Grosse Hallen, in denen wir aufgrund der Umgebung und des Geruchs Schweine vermuten: nach der Reise und eingehender Beobachtung von Essgewohnheiten muss leider davon ausgegangen werden, dass dem so ist.

Die Lüneburger Heide, wieder einmal ein Ort, dessen Klang lockt – abgesehen von der „touristischen Schlagseite*“ durchaus lohnenswert – zumal das Heidekraut zwischen Mitte August und September blüht und das betrachtende Auge erfreut. Wissbegierige erfahren hier mehr zur Heide. Von Niederhavebeck aus radelten die Reisenden auf den höchsten Berg (ui… Berg…??) in der Lüneburger Heide, den Wilsederberg, 169 m.ü.M.  Neuland und lohnenswert, der blaue Himmel entspannte sich erst in Kopenhagen vollends.

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* Eine Zwischenbemerkung: Es ist ein eigenartiges Phänomen, dass sich Reisende durch andere Reisende gestört fühlen. „Es hatte keine Touristen“ als Aussage von Touristen ist mehr als fragwürdig, als was bitte betrachten sich diese Menschen? Als besondere Spezies, die sich vom Gros der Reisenden irgendwie abhebt und historischen Entdeckern gleich (gab es eigentlich Entdeckerinnen? Das wüsste die Schreibende schon lange gerne!) als erste und einzige einen Ort betreten? Jede und jeder, der in gleicher Absicht unterwegs ist, ist ein pfui! Tourist und stört? Wie weit dieses Verhalten ein CH-typisches ist, kann nicht gesagt werden, ebenfalls nicht, ob es sich um ein Unter-, Mittel-, oder Oberschichtenproblem handelt, wobei die Reisenden in ihrer soziologisch nicht einzuordnenden Schichtzugehörigkeit kaum in Kontakt kommen mit der Creme de la Creme. O.k., frau schrieb von touristischer Schlagseite. Gemeint sind die Shops mit den unsäglich hässlichen Souvenirs (hergestellt in Fernost), die nicht minder unschönen Cafés mit Touristenmenü (iss schnell und mach rasch Platz), entsprechende Qualität (als ob alle Reisenden zu einem möglichst günstigen Preise möglichst viel in ihren Schlund stopfen möchten!) und über allem eine erschöpfende, müde und graue Lieblosigkeit. Regionale Produkte in stimmig-authentischem Ambiente, es kommt vor, leider viel zu selten.

Wald, Wälder – Harz, Lüneburger Heide, Thüringer Wald – sollten erst ein Vorgeschmack sein zu dem, was sich den Reisenden diesbezüglich in Schweden zeigte… jetzt erstmal:

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In Puttgarden steht die Autofähre bereit und bringt Vehikel und Insassen nach Rodby (Dänemark). Wildcamper können unvernünftig sein und einem Wortklang auf einem Strassenschild folgen. Der Fjord entpuppte sich als dicht bebautes Gebiet, die Bauminsel, die sich später und anderswo zeigte, war ganz passabel als Nachtlagerort. Frühmorgens Weiterfahrt nach Kopenhagen, dort und später in Stockholm blieben Moritz und Crew VW-Bus und Besatzung auf einem Campingplatz ausserhalb der Stadt. Die zehn Kilometer ins Stadtzentrum waren Velozeit: eines der freudigsten Erlebnisse auf dieser Reise: Den langen Roskildevej entlang nach Kopenhagen sausen und v.a. innerhalb der Stadt völlig frei per Velo an jeden Ort radeln können… ruft nach mehr!

Die Biofreaks freuts: der knurrende Magen kann auch in Kopenhagen besänftigt werden:

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Fortsetzung folgt.

BernBalkan

Der Ausflug hätte sich auch des Panorama wegens gelohnt, abgesehen vom Meniskusberg Niesen. Sogar alpsteinverwöhnte Ostschweizerinnen kleben (visuell) an den Bergketten des Oberlandes. Wobei der in Geografiebelangen vergesslichen Schreiberin grad noch die Namen des weltbekannten Bergtrios und der eine oder andere Spitz und Zack in den Hirnwindungen hängen bleibt. Schmach – wenn der Mitwanderer die Vorhügel und Ausläufer, Zu- und Abstiege, Reihe eins zwei und drei, vorgelagerte und von dieser Warte aus grad nicht sichtbare Höger* benennen kann und das eben nicht nur dort, was ja noch nachvollziehbar sein könnte sondern bald schon so versiert HIER, im Alpstein… Nun, die Geografievergessliche wirft Anderes in die Waagschale und sorgt für eine gewisse Ausgeglichenheit… doch darüber will die musikhörende Schreiberin nicht schreiben, sondern einen Minieinblick gewähren bzw. eine Band vorstellen, die an einem winzig kleinen Open-Air im besagten Oberland aufspielte und zwar so, dass wohl Keine&Keiner unbeweglich stehen blieb und jeder Gschtabi** konstatierte, dass er oder sie Beine hat, einen Leib gar und dass der sich bewegt zu den Rhythmen dieser Band:

https://www.youtube.com/watch?v=h_CCXuQYY7U

Der Nachtrag, bevor der Name wieder irgendwo in eine Ritze fällt: Das Beitragsbild wurde auf der Ramslauenen aufgenommen…

*   Höger: Anhöhe
** gschtabig: steif, ungelenk

Der Friedhof im Osten

Es mag seltsam anmuten: Friedhof mitten im Sommer – und doch liegt der Spaziergängerin daran, diesen so friedlich anmutenden Ort zu erwähnen. Dass es ihn gibt, den Ostfriedhof in St.Gallen, wusste sie längst, nur war sie bis vor wenigen Wochen noch nie dort. Es fiel ihr zu, in dessen Nähe unterwegs zu sein und Tage später war Zeit, ein paar Stunden dort zu weilen. Die Anlage ist von einer so un-st.gallischen Grosszügigkeit, welche die Besucherin mit Staunen zur Kenntnis nahm. In der Weite dieses friedlichen Parkes mit alten Bäumen, Wasser und Wegen wird Ruhe erfahrbar. Die Grabfelder sind gruppiert, an den Grabsteinen oder Grabsymbolen lässt sich nicht nur die vergangene Zeit ablesen, mehr und mehr zeigen sich hier individuelle Ausprägungen die über den Tod hinaus sichtbar bleiben sollen. Anders als in vielen andern Ruhestätten gelingt es hier, diese Individualität einzubinden in einen Grundgedanken, jenen eines würdigen letzten Zeichens – auf dieser Seite.
Auch wenn sich die Spaziergängerin keinen Friedhof als eigene letzte Ruhestätte wünscht – hier bzw. dort im Ostfriedhof wäre es – bis auf Weiteres – stimmiger als in all den bisher besuchten Grabstätten in- und ausserhalb des Landes. Also: wer ihn noch nicht kennt, dem sei ein Spaziergang,  noch besser ein Verweilen an eben diesem Ort ans Herz gelegt.

Weitere Bilder folgen.

 

Unterwegs in Sizilien, Teil 5: Dies und jenes …

Für die „Laienaugen“ einer Reisenden muten die Gesteinsschichten in der Gola Alcantara, unweit von Taormina (Sizilien) sehr eigen an. Wie kommt es, dass diese Schichten den Eindruck machen, als seien sie geformt und dann übereinander gestapelt worden? Wer es wissen will, findet hier  Informationen über basisches Ergussgestein oder eben Basalt. Wer sich vertieft, findet Erläuterungen zum so genannten Basaltstreit, in dem über unterschiedliche Ansichten bezüglich Entstehung eben dieser Gesteine gestritten wurde. Die Reisenden indess stritten nicht, verschmähten den acht-Euro-Lift in die Schlucht hinunter und suchten den zweihundert Meter entfernt gelegenen, etwas versteckten Einheimischen-Eingang und stiegen zu Fuss ab. Der Abstieg lohnt sich des Basalts wegen und bei besseren Wetterverhältnissen und einer gewissen Wasser-Affinität wäre es möglich, etwas weiter in die Schlucht hineinzugehen. Die Badende, welche lieber nicht nass wird, äugte, ob sich allenfalls ein Eisvogel zeigen würde, die aber hielten sich bedeckt. Die ganze Anlage scheint in touristenintensiveren Zeiten stark frequentiert zu werden, auf die nebenzeitlich Reisenden machte sie einer eher abgetackelten Eindruck. Also: hingehen, falls mann oder frau sowieso in der Nähe ist; hingehen, wenn Steine, Geologie etc. interessieren.

Taormina und das noch höher gelegene Castelmola bieten bei schönem Wetter eine wunderbare Aussicht. Beide Orte sind vermutlich eine beliebte Destination für die Kaffee-und Kuchen-Fraktion, zwischendurch locken Schmuck- und Souvernirläden und die engen Gassen bzw. deren Anwohner werden unter der Autoinvasion ächzen. Drum: den Wagen in der grossen Parkgarage lassen und mit dem Lift hochfahren. Die Reisenden haben sich a piedi nach Castelmola hochgeschwitzt, einer Erinnerung wegen, an der dann der Lack blätterte.

Noch mehr Zeit vorausgesetzt, wäre der eine und andere Sizilien-Gedanke auszuführen bzw. weiterzuspinnen. Zum Beispiel die Frage, weshalb „Kommunikation“ – das Gespräch von Mensch zu Mensch – in diesen Kulturräumen leichter, schneller und unkomplizierter möglich ist. Ist es der Raum, die Sprache, die entspannte Ferienzeit, das eigene Anderssein in der leicht vertrauten Fremde, eine Wechselwirkung – wie dem auch sei…  Immer wieder fand sich die Schreibende in Gespräche verwickelt, es wurde nachgefragt, woher frau komme, weshalb sie hier sei, welche Eindrücke sie gewonnen habe. Und dies im Tabakladen (keine Angst, erstanden wurden dort „nur“ Briefmarken…), beim Gemüsehändler oder einfach so auf der Strasse. Manchmal wurde es auch bedrückend – dann wenn junge Männer von ihren eher hilflosen Versuchen, die deutsche Sprache zu erlernen berichteten und von der Hoffnung, dannzumal irgendwo in Deutschland oder der Schweiz Arbeit zu finden. In vielen Köpfen scheint ein romantisiertes Bild zu herrschen von den Verhältnissen in den nördlicheren Ländern und wissend um den Stachel im Leben von Migranten wäre den jungen Menschen viel mehr zu wünschen, ihre Politiker würden sich auf ihre wirklichen Aufgaben besinnen statt darauf, eigene Pfründe zu sichern. Dass die Hamsterräder gnadenlos zuschnappen und dass „fremd und immer unterwegs sein“ bitterer ist als vieles Andere, lässt sich in einem Viertelstunden-Gespräch auf der Strasse nicht ausführen. Die traurigen Schicksale älterer Einwanderer, die nach ihrer Pensionierung keine Heimat und keine Wurzeln mehr haben, weil sie nie wirklich hier angekommen sind und in ihrer Urheimat eben diese nicht mehr finden, berühren und stimmen nachdenklich… Mehrfach beschenkt, dankbar und um viele Eindrücke reicher sind die Südreisenden zurück – alla prossima, ci vediamo… spero…

Unterwegs in Sizilien, Teil 4: Höhlengräber Pantalica

Rein zufällig wird niemand hier vorbeikommen. Eine längere Fahrt durch einen urtümlichen, landwirtschaftlich genutzten und äusserst ansprechenden Teil Siziliens vorausgesetzt, finden sich Reisende wenigstens im frühen Frühling fast alleine in einer atemberaubenden, eindrücklichen und sehr stillen Landschaft, bzw. Schlucht. Die Nekropole (UNESCO Weltkulturerbe)  liegt etwa 35 km von Siracusa entfernt (Landstrasse), zwischen den Orten Ferla und Sortino. Von der zu den Gräbern gehörenden Siedlung ist hier ausser dem ausgegrabenen Königspalast der Sikuler nichts gefunden worden. Im Archäologischen Museum von Siracusa sollen diverse Grabbeigaben zu sehen sein. Die Gründe, weshalb zwischen dem 13. und 8. Jh.v.Chr. rund 5000 (!) Gräber in die Felsen gehauen wurden, mit welchen Werkzeugen damals gearbeitet wurde und v.a. weshalb diese Art Totenkult betrieben wurde, ist unklar (den einschlägig Gelehrten vermutlich nicht, es war bloss noch keiner auffindbar….). In solchen Momenten, an solchen Orten und dies mehrmals auf dieser Reise wünscht die reisende Schreiberin eine Zeitmaschine, um sich in die damalige Zeit und die entsprechenden Verhältnisse zurück versetzen zu lassen.
Da stehend und den Blick durch die Anapo-Schlucht (nach dem gleichnamigen Fluss)  und über Hunderte von Höhlengrab-Löchern gleiten zu lassen, lässt einem kieferoffen und erstaunt schauen; ungläubig und irgendwie zur Bakterie schrumpfend und mit vielen Fragen beladen staunen. Mehrstöckige Grabhöhlen – wie kamen die Toten dorthin, wurden die Gräber „auf Vorrat“ gehauen, was geschah auf dem Weg von der Siedlung bis zum Grab… ?? Die Grabkammern waren mit Steinplatten geschlossen, die toten Körper wären wohl leichte Beute für hungrige Tiere gewesen. Es ist möglich, einzelne Grabhöhlen aus der Nähe zu besichtigen. In späterer Zeit sollen verfolgte Christen in den Höhlen Unterschlupf gefunden haben, an einem Hang konnten die Sizilienfahrer eine Kapelle innerhalb einer Art Siedlung ausmachen. Die Anapo-Schlucht ist heute Naturschutzgebiet und kann durchwandert werden. Jeglicher motorisierter Verkehr ist verboten und von der einstigen Zugslinie zeugt nur mehr ein fast überwachsenes Geleise. Obwohl diese Zugslinie in nicht so ferner Zeit eine Verbindung ermöglicht hat und diese Gegend bewohnt(er) gewesen sein muss, zeigt auch sie die Konstante der Veränderung, bzw. die Tatsache, dass nichts ewig bleibt.

Unterwegs in Sizilien, Teil 3: Markt in Catania, ohne Worte

Unterwegs in Siziliens Osten, Teil 2: Rund um den Etna

Eisenbahn- und Landschaftsliebhaber (auch Liebhaberinnen…) sollten sich eine Fahrt mit der Schmalspurbahn Circumetnea nicht entgehen lassen. Sie ermöglicht, fast um den ganzen Etna herum zu fahren und dies in einem Zug, dessen Sitzgelegenheiten an Zeiten erinnern, in denen es in den Schweizer Zügen drei Klassen gab. Die Zugs“komposition“ scheint einem alten Film entlehnt zu sein, beförderte die Reisenden sehr pünktlich und ohne irgend welche Schwierigkeiten. Wer sich die Zeit nimmt, wird mit eindrücklichen Landschaftsbildern verwöhnt. Orangen- und Zitronenhaine unmittelbar vor den Fenstern, ab einer gewissen Höhe dominieren Oliven, Reben und Mandeln und im Grossraum um Bronte wachsen die Pistazienbäume, welche nur alle zwei Jahre Früchte tragen. Bizarr, geologisch interessant und etwas unheimlich sind die Hänge und Felder voller erstarrter Lavaströme. Entweder noch „frisch“ und unbedeckt oder schon wieder von Pionierpflanzen bedeckt. Die vulkanische Erde ist fruchtbar – das Leben an diesen Orten mit dem unberechenbaren Spucker im Nacken gewiss gewöhnungsbedürftig bzw. nicht für jeden Mann oder jede Frau. Auf der Zugsfahrt ist der Vulkan  bei gutem Wetter immer mal wieder zu sehen, näher oder weiter weg, hüllt sich aber oft innert kürzester Zeit in Wolken oder Rauch.  Die Tatsache, dass der „heisse Berg“ schneebedeckt war, dass einem der Schlunde stets Rauch entwich, dass gleichzeitig Agrumen und weiter meerwärts Fave geerntet wurden und Himmel und Meer in Blautönen erschienen, war ein kraftvolles-archaisches Schauspiel. Unmöglich, diesmal hinauf auf den Vulkan zu kommen – die Erinnerung an die Kraterlandschaften, den Schwefelgeruch und die unterweltliche, unheimliche Stimmung aufzufrischen. Ein andermal…! Die Fahrt ganz um den Etna dauert fast einen ganzen Tag, es ist gut möglich, nur Teilstrecken zurückzulegen. Die Reisenden hatten bei anderer Gelegenheit bereits eine ganze Umrundung gemacht und beschränkten sich diesmal auf das Teilstück Giarre-Randazzo.
Folgende Anmerkungen für Reisende: Die Züge verkehren wirklich, zu bestimmten Zeiten nutzen viele Schüler diese Fahrgelegenheiten. Den Fahrplan genau studieren oder bei einem Schalterbeamten nachfragen. Die Strecke kann nicht in einem „Zug“ abgefahren werden, Umsteigen erforderlich. Zwischen Catania und Giarre „normale“ Eisenbahn. Fahrkarten können im Zug gelöst werden. Dort gibt es (natürlich) keine Verpflegungsmöglichkeiten, wer länger unterwegs ist, tut gut daran, Proviant mitzunehmen. Nicht nachvollziehbar und äusserst ärgerlich ist, dass es (immer noch!) Orte gibt, an denen eine geordnete Abfallentsorgung nicht gewährleistet ist. Über die Gründe für diesen Missstand kann spekuliert werden – er ist unverzeihlich und bitterschade für die kulturell reiche und landschaftlich beeindruckende Insel.
Reizvolle Bilder, quasi eine virtuelle Reise findet sich hier.

Unterwegs in Siziliens Osten, Teil 1: Siracusa und Umgebung

Siracusa soll einst eine der mächstigsten Städte der Welt gewesen sein: der historische Stadtkern befindet sich auf der kleinen Insel Ortigia, welche durch Brücken mit den später gebauten Stadtteilen verbunden ist. Das winzige Inselstädtchen, deren Bauten aus hellem Kalkstein erstellt worden sind, erinnert an griechische oder nordafrikanische Orte, mindestens dann, wenn Meer und Sonne das ihre dazu tun. Die griechische Göttin Artemis soll auf Ortiga gelebt haben, genau so wie der Tyrann Dionysios, an den „das Ohr des Dionysios“ etwas ausserhalb der Stadt erinnert. Mitte des achten Jahrhunderts v. Chr. haben Griechen die Insel besetzt, der ansässige Stamm der Sikuler soll ins Landesinnere vertrieben worden sein.
Blüte und Zerfall einst schöner und reicher Städte sind ein nicht nur Siracusa auferlegtes Schicksal. Interventionen der staatlichen Instanzen scheinen den Rückgang der Wohnbevölkerung und die kriminellen Energien etwas eingedämmt zu haben. Ortigia ist inzwischen ein vielbesuchter Ort und es ist erfreulich, dass die „Altstadt“ auch verkehrsberuhigt wurde. Die riesigen Parkplätze beim Eingang deuten darauf hin, dass der Ort an schönen (wärmeren) Tagen sehr viele BesucherInnen anzieht. Der Dom, um Säulen eines griechischen Tempels herum gebaut, ist sicher ein lohnendes Ziel, ebenso ein Spaziergang durch die vielen Gassen, dem Meer entlang und zwischen barocker Baukunst blitzt sogar dann und wann ein moderner Einschub auf.
Nach einer Pause in einem der vielen Cafés oder wie im Falle der Reisenden im MOON lohnt sich die Fahrt zu der ausserhalb der Stadt gelegenen Ausgrabungsstätte. Amphitheater gibt es einige, dieses hier ist eingebettet in ein grösseres Ausgabungsgelände, in dem u.a. das berüchtigte Ohr des Dionysios steht. Es lohnt sich, genügend Zeit mitzubringen und früh am Nachmittag dort zu sein – im Falle der schlendernden Reisenden wurde es mal wieder spät und um 17 Uhr rasselte bereits der Schlüsselbund der Altertumswächter. Nach dem Besuch der archäologischen Seite mussten die Neugierigen einfach noch sehen, was es mit dem eigenartigen Gebäude (grosses Beitragsbild Mitte) auf sich hat. So ein hässliches unansehliches Gebäude! Eine Kirche, deren Name bezeichnenderweise dem Speicher entfallen ist… – bei aller Offenheit für Ungewöhnliches blieb die Frage, wer Derartiges will, entwirft, baut, bezahlt und aushält. Nicht mal eine gute Akustik…
Das Mietauto, das auf einem öffentlichen Parkplatz von vier! Männern bewacht werden wollte (also die Männer wollten das…) stand unversehrt da, obwohl vermutlich in jedem Reiseführer etwa das Gegenteil steht. Dass die Vier ein Trinkgeld (für einmal passt das Wort haargenau) wollten, war bereits am Morgen klar. Diese und andere Formen des Gelderwerbs auf der Strasse bleiben nicht verborgen und zeigen die „der Blüte“ abgewandte Seiten. Dazu und v.a. dem eigenen Verhalten diesen Situationen gegenüber soll sich jedeR Reisende die eigene Strategie zurecht legen, genau so, wie er oder sie das in ähnlichen Fällen hierzulande handhaben will.

Agriturismo il melograno: Lob und Dank

Weder bezahlte Werbung noch Auftrag noch irgendwas: dieser Beitrag ist ein Lob für einen Agriturismo, der (noch) in keinem Reiseführer steht und der Individualreisenden empfohlen werden kann. Wer weder einem Fähnchen hinterher laufen mag noch Gruppenfeeling sucht, keine Animation benötigt und auf Spa und dergleichen verzichten kann, für den oder die könnte so ein Ort passen. Mehr zufällig in den Netzuntiefen entdeckt, entpuppte sich dieser im letzten Herbst eröffnete  „Agriturismo il melograno“ in der Nähe von Giarre (Catania) gelegene Ort als Glücksfall. Das alte Landhaus (man/frau möge sich nicht vom äusseren Anblick täuschen lassen) hat einige wenige Zimmer (gross, blitzblank und stilvoll eingerichtet) und steht * zwischen Etna und Meer* und begrenzt die dazugehörende, BIO-zertifizierte Zitronen-, Orangen-, Mandarinen- und Granatapfelplantage. Weil ohnehin schon fast gewonnen hat, wer der agrumenliebenden Schreiberin eine solche (temporäre) Wohnmöglichkeit bietet und weil sich der E-Mail-Verkehr mit „Giusi“ derart unkompliziert und freundlich gestaltete, war die Angelegenheit rasch gebucht. Ein einziger Satz zum Thema Geld oder Vorauszahlung oder Zahlungsmodus überhaupt wäre einer gewesen. Kein Thema! Was hat frau doch diesbezüglich schon erlebt… Anbieter, die den ganzen Betrag einfordern, bevor die Reise überhaupt in Angriff genommen wurde… Nun ja.
Zurück nach Sizilien: Zimmer und Frühstück war eh klar, auf Wunsch bestehe die Möglichkeit, dort auch das Nachtessen einzunehmen. Vegetarisch? Vegetarisch! No Problem, schrieb sie. Ok. Zwanzig Jahre Vegi sein lehrt das eine oder andere. Und die Überraschung war perfekt: jeden Abend ein viergängiges, aus saisonalen und regionalen Produkten gekochtes vegetarisches Essen! Keine komplizierte Schischi-Küche: Gemüsegerichte, Pasta, Hülsenfrüchte. Sie hätten noch Hefte und Bücher gewälzt, gestanden die beiden Schwestern, denn eine Woche lang „nur“ vegetarisch hätten sie bisher noch nie gekocht. Hei, super – Auguri den Signora’s von „il Melograno“ – da könnte sich der eine oder andere Ch-Wirt nicht eine sondern mehrere Scheiben abschneiden bezüglich Flexiblität und Fantasie. Es war ganz einfach toll: GRAZIE a Nuccia, Teresa und Dorothea! Und an Giusi! Wunderbar, sich tagsüber auszumalen, was sich die Köchin Nuccia wohl ausgedacht haben könnte und sich dann überraschen zu lassen!
In Sizilien liebt man Süsses. Sehr sogar. Gebäck aus Mandeln – biscotti di mandorle – sind in vielen Variationen zu bekommen. Auf dem Frühstückstisch fanden sich u.a. ebensolche Mandelbiscotti. Solche der Premiumsorte: eigene Mandeln, ganz leicht angeröstet, umhüllen die köstlichen Biscotti. Sie haben definitiv Suchtpotential und sind in dieser Qualität nirgends zu kaufen, da sie „una Signora anziana“ privat herstellt. Gleich wie die Mandel- oder Pistazientorte (natürlich mit den DOP-Pistazien aus Bronte!), welche Dorothea bäckt…
Der Mensch lebt ja nicht nur vom Essen alleine: von den Zimmern schrieb ich schon: gross und hell; es war überraschend ruhig, was auch mit dem frühen Frühling zusammenhängen mag und noch dies: fast jeden Abend hatten die Reisenden Fragen. Fragen zu den Agrumen, der Umgebung mit all ihren Phänomenen oder Ausflugszielen. Und die Fragen wurden umfassend beantwortet, notfalls wurde der oder die konsultiert, um ganz sicher zu gehen. Kurz: ein guter Ort, dem viel Erfolg gegönnt sei…!
P.S. Innenbilder und Fotos vom Essen gibt es nicht, siehe Einstieg. Kein Plan, keine Absicht, nichts! Bilder von möglichen Unternehmungen in der näheren und weiteren Umgebung folgen in den nächsten Tagen.

Südmusik

Die schreibende Hörerin freuts: Ins (wenig geliebte) Weiss blickend ist da plötzlich eine Stimme, Musik und vor allem eine Sprache, von der lediglich ein paar wenige Worte zu verstehen sind. Wer ist das?? Gut, dass heutige Radiogeräte auf ihrem Display anzeigen, was gespielt wird. Ein bis dato unbekannter Name, dem Netz sei Dank wird klar, dass Davide van de Sfroos aus Como stammt und den Dialekt jener Gegend spricht bzw. singt. Musik die Freude macht, Südziehen und deren ungewohnter Sprachklang „ankommt“…

http://youtu.be/cMaBDe1TlwY