Zeitreisen

Meinen ersten Flug im Jahr 1953 möchte ich beschreiben. Die Reise zu meinem Verlobten nach Venezuela.

Am Flughafen Kloten bestieg ich ein viermotoriges Flugzeug der KLM. Nach fünf Stunden Flug erster Zwischenhalt in Lissabon. Dann, es war schon Mitternacht, Halt in Dakar, Senegal. Mir wars himmeltraurig schlecht, musste mich die ganze Zeit übergeben. Ich hielt mich aufrecht, indem ich mich an Trauerweiden hängte. Niemand kümmerte sich um mich und ich verlor den Anschluss an die übrigen Passagiere. Im Flughafengebäude sah ich eine Mann mit einer Mappe unter dem Arm, welchen ich auf Französisch ansprach. Er führte mich in ein Restaurant und wollte mir einen alkoholischen Drink anbieten. Ich hatte aber nur den einen Gedanken: frisches Wasser, welches ich dann nach langer Diskussion bekam. Plötzlich entdeckte ich einen Passagier und hängte mich an ihn bis ins Flugzeug zurück. Dann gings über den Atlantik, wo wir nach kurzer Zeit wegen einem Gewitter wieder umkehren mussten. Irgendwann erreichten wir Paramaribo in Holländisch- Guayana. Es ging dann weiter nach Caracas, wo mich mein Jakob nach vielen Stunden Verspätung – 33 Stunden dauerte der ganze Flug – in die Arme nahm. Wir mussten noch die alte Strasse nach Caracas hinauffahren, aber die Autobahn – die erste in Südamerika – war schon im Bau. Heute reist man vor allem schneller und bequemer, aber meine erste Flugreise werde ich nie vergessen!

Vorher – nachher

Im Projekt „Vorher-nachher“ werden Menschen porträtiert (Text und Foto), in deren Leben sich eine grössere Veränderung manifestiert hat, die über ein „vorher-nachher“ berichten können. In ca. 12 Porträts werden Lebensgeschichten sehr unterschiedlicher Art erzählt: Städter, die auszogen um mitten im Wald und ohne jeglichen Komfort zu leben; ein sehr aktiver, vielseitig tätiger Dozent und Institutionsleiter, der aufgrund eines Unfalls in ein wesentlich langsameres Leben mit Dauerschmerzen gezwungen wird oder ein Berner Bäcker, der um ein Haar in Indien geblieben wäre. Oder eine Frau, die achtzig Kilo Körpergewicht verloren hat und ein Mann, der erfolgreicher Geschäftsinhaber war und eines Morgens in den Händen kein Gefühl mehr hatte. Und, und, und.

Voraussichtlicher Abschluss Ende 2009.

Im Spagat

Wo hört die Stadt auf, wo fängt das Land an? Macht Stadtluft frei oder Landluft froh? Wo findet sich der mobile Mensch in der zersiedelten Dorfstadt wieder? Aus Anlass des Appenzeller Olma-Gastauftritts hat die Ausserrhodische Kulturstiftung gemeinsam mit der Gesellschaft für deutsche Sprache und Literatur GdsL sechs AutorInnen aus Ausser- und Innerrhoden bzw. aus St. Gallen eingeladen, je einen kürzeren Text zu verfassen im Assoziationsraum von ländlichem und urbanem Lebensgefühl. Die AutorInnen sind: Christine Fischer, Gabriele Clara Leist, Giuseppe Gracia, David Keller, Lorenz Langenegger und Lisa Tralci.

Mein Textbeitrag:

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Erklär mir Liebe

Die Fachstelle für Aids- und Sexualfragen St. Gallen wurde dieses Jahr 20 Jahre alt. Aus diesem Anlass waren Kunstschaffende der Region eingeladen, eine Art Gesamtkunstwerk mit dem Titel „Erklär mir Liebe“ zu realisieren. Das gleichnamige Gedicht von Ingeborg Bachmann war gedanklicher Ausgangspunkt dieses Kulturprojektes.

Schreibende aus der Region waren eingeladen, einen Text (eine Seite) zu eben diesem Thema zu verfassen. Mein Beitrag: Weiterlesen

Kubli und die toskanische Ordnung

Anfangs Dezember fand im Alten Zeughaus Herisau unter dem Titel «Bewegung» eine zwei Wochen dauernde Aktion statt. Kunstschaffende aus verschiedenen Sparten und viele BesucherInnen belebten die Räume an der Poststrasse in Herisau.
Zeitgleich wurde bekannt, dass der Gemeinderat Herisau der Gruppe «Kultur is Dorf» Fr. 5000.—(die Hälfte des bisherigen Beitrages) streichen will.
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Hier sind wir alle Nomaden

Im Auftrag des Kantons Thurgau und in Zusammenarbeit mit dem Kunstschaffenden Arthur Schneiter wurde die Thurbrücke in Kradolf-Schönenberg zur Poesiebrücke. Die Kunst am Bau besteht aus Worten oder ehernen Lettern, die auf beiden Aussenborden der Schrägseilbrücke angebracht sind.

Der Brückentext

Hier sind wir alle Nomaden. Ankommen und weggehen. Dazwischen mein Lachen und dein Kuss. Der Hadesgeruch, die Sonnenstrahlen in den Falten der Wasserhaut, der Schattenwurf der Silberweide und noch die Feder des Rotmilans. Reich mir die Schlüsselblume, zeig mir das Haar der Berenice und sei. (Lisa Tralci)

Auszeichnungen

2008

2. Preis „Das andere Museum“ Bürgerspital St.Gallen
Filz, Wort und Fotografie zum Thema „Begegnung mit dem Alter“

2004

Unter Kennwort: Toggenburger Lyrikpreis 2004

2001

Preis des PEN-Zentrums, Büro für Geschlechterfragen und entwürfe für den Text «Unbewohnt»

Kulturpreis des Kantons Appenzell Ausserrhoden

1998

Forum-claque-Preis für den Text «Vesna» in gegenrede

zu „Unbewohnt“ …

« … eine alltägliche Szene aus einer alltäglichen Geschlechtergeschichte wird als Spannungsfeld abgesteckt. Die Autorin Lisa Tralci beobachtet konzentriert, hellwach, scheinbar teilnahmslos. Mit einer genauen, klaren Sprache gelingt es ihr, auf knappstem Raum freizulegen, messerscharfe Konturen zu zeichnen und das Geschehen in gleissendes Licht zu tauchen. Ekel, Feigheit, Eiseskälte, um nur einen Bruchteil der verletzenden Erbärmlichkeiten hervorzuheben, der Text findet einen überraschenden, ungewohnten Zugang zum Schmerz. Er scheint auf, im Moment, als verstecktes, überdeutliches Zeichen in einem entstellten  Geschlechtergeflecht.
Ein unbarmherziger Text, einschneidend, am Rand des Erträglichen, der die Leserin, den Leser verstört zurücklässt.
(Inka Frey, Mitglied der Jury, in der Laudatio zum Preis des PEN-Zentrums, Büro für Geschlechterfragen und entwürfe)

Italienische Wochen

Es soll Menschen geben, die mehr oder weniger freiwillig so genannte Diäten einhalten. Ein solcher Mensch ist mir kürzlich begegnet. Ich belasse diese Person in ihrer Anonymität, doch was sie erzählte, schien mir bemerkenswert. Nicht die Art der Kur, da scheinen sich ja einschlägige Magazine gegenseitig zu überbieten. Weiterlesen