Die Kleinstteilchen sprich Raviolini lagen in einem Geschäft für frische Pasta in Aosta. Suppenlöffel- und mundgerechte Teighüllen, unter denen sich die Reisende die eine oder andere Füllung vorstellte, natürlich allesamt vegetarisch. Fremdgefüllte Pasta kommt nicht ins Haus, es sei denn, eine nahestehende Person würde sie fertigen, was aber so gut wie ausgeschlossen ist. Also Linguine, Spaghetti & Co. einpacken und den Ort der Verführung wieder verlassen. Einen Tag später spielt der Zufall: beim Spaziergang zu den römischen Hinterlassenschaften und zum (zu vernachlässigenden) Markt fällt der Blick in einen Gastro- und Küchenladen. Auf der Einkaufspendenzenliste steht ein spezielles Messer, um das Eigenbrot einzuschneiden und ein zwei andere Küchenhilfsmittel, welche im Osten des Landes bisher nicht auffindbar waren. Also hinein in den Tempel und was sieht das Auge: DIE FORM! Die Form, um genau jene Teilchen zu fabrizieren, die am Vortag die Mundsäfte angeregt hatten. Keine lange Entscheidungsfindung wie sonst so oft (weil die Küche mit dem Notwendigen ausgestattet ist, weil nur Gegenstände ins Haus sollen, die regelmässig verwendet werden etc.etc.) Nichts davon, zack! – auf den Ladentisch und schon wartet die Form im Rucksack (dem ewigen) auf die Heimreise durch den grossen Berg.
Die Dinge sind vorläufig an ihrem Platz, die Arbeitsaufnahme in Sicht, draussen Regen und Nebel und Besuch angesagt. Allerbeste Gelegenheit, DIE FORM genau jetzt auszuprobieren. Die allerkleinsten Ravioli als Suppeneinlage, logischerweise in einer selbstgemachten Gemüsebrühe, so der Plan. Und so hat sich die Sache entwickelt – wobei gleich eine Vorbemerkung gemacht werden will: Die Angaben sind rudimentär, mehr zwecks einer vagen Vorstellung denn eines genauen Rezeptes. Die kochende Schreiberin hegt die Vermutung, dass die Schilderung nicht unbedingt dazu angetan ist, Gleiches in Angriff zu nehmen…
1) Aus Hartweizenmehl, einer Prise Salz, 2 Tl. Olivenöl und Wasser einen eher festen Teig herstellen und etwa eine Stunde im Kühlschrank ruhen lassen. Sieht so aus:
2) Während der Teig an der Kühle ruht, die Füllung zubereiten: Im Falle der Schreiberin heisst das, durch den Regen in den Garten waten, Mangold schneiden, dazu Petersilie, Schnittlauch, eine Röhre Luftzwiebeln und drei Halme Schnittknoblauch. Zurück in die warme Küche, Mangold waschen und blanchieren, Kräuter schneiden, alles zusammen mit einem TL Sauerrahm im Cutter fein pürieren. Mit Ricotta (bitte KEIN Industrieprodukt!!) und wenig geriebenem Käse – diesmal Parmesan, könnte auch Pecorino oder vom einheimischen Sbrinz sein; mischen, würzen mit Muskat (frisch gerieben!), Pfeffer aus der Mühle, Meersalz, Piment d’Espelette, wenig Kräutersalz. Die Masse muss so fein sein, dass sie mit dem Spritzsack appliziert werden kann!
3) Den Teig vierteln, drei der Viertelstücke wieder in den Kühlschrank geben. Das erste Viertel zuerst mit dem Wallholz etwas auswallen, so dass die Teigplatten anschliessend (mehrmals, auf immer feinerer Stufe) durch die Nudelmaschine „gewalzt“ werden können.
4) Eine der ausgewallten Nudelplatten auf die Raviolini-Form legen, ganz sachte leichte Vertiefungen formen, damit die Füllung richtig aufgetragen werden kann. Die Füllung in den Spritzsack geben, wenig (knapp haselnussgross) Füllung auf die Vertiefungen setzen, die zweite Teigplatte sorgfältig darüber legen und mit sanfter Hand etwas andrücken! Mit dem Wallholz sachte darüber fahren, damit die Trennungszacken sichtbar werden. Diese Arbeit erfordert besondere Sorgfalt!
5) Die Stunde der Wahrheit: Der erste Sturzversuch! Fallen sie aus der Form oder fallen sie nicht? Beim ersten Versuch bewegen sie sich keinen Millimeter, mit der Messerspitze werden alle leicht angehoben und dann auf ein Küchentuch (ohne Waschmittel- und gar Weichspüler-Geruchsrückstände, sonst riechen die Preziosen danach!!) gestürzt. Puuh! Mühsam! Langwierig! Aufgeben? Nein! Hirnen, was der „Fehler“ sein könnte! Zu warmer Teig, weil die Küche durchs gleichzeitige Brotbacken und das knisternde Ofenfeuer warm ist ?? Form ausmehlen? Versuch 2: Teig ist kühler und die Form ganz fein ausgemehlt. Und siehe da! Einer Schokolade nicht unähnlich liegen sie nun da und müssen nur noch voneinander getrennt werden.
6) Das Ganze insgesamt viermal gemacht, Gang 2,3 und 4 gelingen problemlos, das ergibt rund 200 solcher Minis. Es ist ein Tag in der Mitte des Septembers 2014, gerade mal 10 Grad, frau denkt ans Heimkommen nach einem arbeitsreichen Tag, ans Schneestapfen, den Wind der durch die Hainbuche und ums Haus pfeift und an die Möglichkeit, aus einer der Eisschrank-Schubladen eine gute Handvoll gefüllte Pasta zu holen, in einer feinen Gemüsebrühe ziehen zu lassen, Kräuter oder allenfalls geriebenen Käse (ja, mögen nicht alle, die schreibende Köchin schon) darüber und dann…. sich wärmen lassen von der „Suppe“, den Erinnerungen und der Freude am Gelingen… mehr braucht es nicht, weil es viel ist, mit Freude und guten Grundprodukten gefertigt.
Nachtrag:
Es fallen Teigreste an, diese werden natürlich weiter verwendet. Die Streifen mit dem Teigrädli in eine beliebige, kleine Form schneiden, antrocknen lassen und entweder innerhalb einer Woche verwenden oder einfrieren. Sie werden als Einlage zum Beispiel für einen Teller „Past‘ e fagioli“ verwendet.