Trotz-dem zum Fünfundzwanzigsten

Für Uneingeweihte: das ist eine namenlose Kartoffel mit Keim. Was für ein Graus waren der Gärtnerin diese langen, ineinander verkeilten Keime der Kartoffeln im dunklen Teil des Kellers. Da sie sich als Kind nur laut singend in den Keller wagte und als Älteste dieses Los oft zugeteilt bekam, weil die Butter zu holen war (einen Kühlschrank gabs erst später), weil eben Kartoffeln, Äpfel oder ein Glas mit eingemachten Zwetschgen benötigt wurden. Aber heute ist nicht die Zeit für Kindergeschichten.
Dem Kartoffelkeim wohnt eine Hoffnung inne. Nämlich die, dass er sich – in die Erde versenkt – vervielfache und neue Erdäpfel wachsen. Hoffnung ist eine Regung, die Kraft geben kann. In Ferne und Nähe offenbart die C-Zeit Sorgen und Not. Das Daheimbleibenmüssen wird für Viele zur Qual, Ängste nehmen zu, finanzielle Probleme wohl auch und nicht alle werden so locker aus Bern abgefedert. Menschen, die bereits zuvor mehr schlecht als recht leben konnten, sind einmal mehr die grossen Verlierer. Weltweit.
Die schreibende Gärtnerin ist eine zweifelnde Optimistin. Fast immer bereit, doch noch zu hoffen. Allen gegenläufigen Erlebnissen zum Trotz. Nein, an einen wirklichen Kurswechsel glaubt sie nicht, immer bereit, das Gegenteil zu erleben (nicht nur, weil sie Nonna ist!). Vielleicht ergibt sich eine neue Optik in einzelnen Bereichen: Unabhängigkeit bei Medikamenten, Schutzmasken und anderen wichtigen Gütern. Ein höherer Eigenvorsorgungsgrad in Bezug auf Lebensmittel. Wertschätzung saisonaler, regionaler und ausbeutungsfreier Produkte. Wahrhaftige und nachhaltige Besserstellung der Pflegenden und der Care-Arbeit und damit verbunden mehr Zeit, Achtung und Respekt allen Menschen gegenüber, v.a. aber allen Schutzbedürftigen. Und noch einiges mehr … nur das noch: die Hoffnung, dass nach der Lockerung der Massnahmen nicht Nachholbedürfnis und hemmungslose Gier einziehen. Dass vielleicht etwas vom Nachdenken, Innehalten, Verzichten und einer anderen Sicht bleibt.
Hier der Schlusspunkt für heute, etwas Hoffnung, etwas Klarheit und andere Perspektiven.

Trotz-dem zum Vierundzwanzigsten

Vor wenigen Tagen, es war in der Mitte des Nachmittags, trat die Gärtnerin aus dem Haus. Zwei Meter vor ihr stand ein Reh. Beide erschraken und blieben für eben diese Schrecksekunde wie angewurzelt stehen. Dann machte sich das Reh davon, quer durch den Garten. Dazu ist zu sagen, das Rehe Lieblingstiere der Gärtnerin sind. So unerwartet. So nah.
Die Sache hat eine Kehrseite. Bereits Tage zuvor hatte sie sich über am Boden liegende, halbierte Tulpenblätter gewundert. An den Specht, der das am Haus befestigte Wildbienenhotel ausnimmt und dabei alle Röhrchen kreuz und quer herumliegen lässt, hat sie sich gewöhnt. Aber Tulpenblätter..?! Die aufgefundenen Losungen bewiesen, dass das Reh bereits öfters im Garten gewesen war. Und ein Kontrollblick in den Blumentrog neben der Eingangstüre zeigte, woher die Tulpenblätter stammten. Rehe scheinen knackige Tulpenblütenknospen zu mögen. Genau so wie vor einigen Jahren Rosenknospen und Lattiche.
Zeit, dass die Gärtner „markieren“ …

Trotz-dem zum Dreiundzwanzigsten

Der Bub ist elf. Zum Glück darf er derzeit mit seinem Bruder und zwei anderen Kindern in den Wald. Letzte Woche war er bereits dort, er mag es, zu graben, Steine umzukehren, genauer hinzuschauen. Und so kam es, dass er auf obigen Schädel stiess. Was den andern Kindern ein lautes „wäääh“ entlockte, faszinierte ihn. Er grub den Schädel (vermutlich Fuchs) ganz aus, zog seine Mütze ab und legte den Schädel hinein, um ihn so nach Hause zu tragen. Mit dem Schädel in der Mütze stand er hin und verkündete: „Meine Grossmutter sammelt Totenschädel!“.
Die Schreibende hat die Gesichter der KInder nicht gesehen. Den Schädel aber hat der (sehr vermisste, ach diese Zeiten) Enkel in den Milchkasten (400 m vom Haus entfernt) gelegt. Jetzt liegt der Schädel hier an der Sonne.
Nein, eigentlich sammelt sie gar keine Totenschädel. Im Garten liegen zwei, mehr zufällig fanden sie den Weg dorthin. So wie ein paar Hörner. EIn Rehgeweih. Eine Zahnreihe. Wer weiss, was noch kommt.

Georgia O'Keeffe on the portal, Ghost Ranch, New Mexico, 1964. By Todd Webb
Sie hat wohl mehr Fundstücke: Georgia O’Keeffe in ihrem Atelier in New Mexiko


Trotz-dem zum Zweiundzwanzigsten

Eigentlich wäre heute eine andere „Geschichte“ vorgesehen gewesen… doch eine heute erlebte Geste MUSS zwingend erwähnt werden. Sie ist verbunden mit der aktuellen Situation. Die schreibende Leserin hatte via Mail Bücher bestellt und zwar in der schönsten Buchhandlung der Schweiz. Sie hatte darum gebeten, das Paket so klein wie möglich zu machen, damit es dann im so genannten Milchkasten Platz fände und ein Abholbesuch bei der Post vermieden werden könne. Heute nun, an diesem frühlingshaften Sonnentag – der Gärtner und die Gärtnerin waren wo eben diese Gattung zu dieser Jahreszeit ist – wurde ein Rufen hörbar. Sichtbar wurde die Inhaberin der kleinen feinen Buchhandlung, welche die Bücher höchtspersönlich vorbei brachte. Unglaublich! Mit der nötigen Distanz überreichte sie die Büchertasche, die Leserin traute ihren Augen kaum. Damit ich sie sicher nicht holen müsse und weil sie sowieso einen Spaziergang mache… Hei! Wenn das nicht ein superlieberkundenbindender Akt ist….

Trotz-dem zum Einundzwanzigsten

Wäre *30* eine Zahl, um diese Reihe abzuschliessen? Dachte die Schreibende heute. Ein im Garten und weit von C entfernt (auch gedanklich) verbrachter Sonnentag, ohne Geschichte und ohne lange Worte, dafür mit einer kleinen Bildstrecke.

Weisse Frühlingsblüher, Neuankömmlinge
Namenlose Wildtulpe, sesshaft
Efeu drängt sich vor Aronia
Wann endlich dürfen wir wieder raus?
Südsehnsuchtwecker
Schattiertes Warten
Wunderbarsten Kompost gerichtet: jedes Gramm aus dem eigenen Garten


Trotz-dem zum Achtzehnten

Die Tage haben eine schon fast wohltuende Gleichförmigkeit. „Klösterlich“ schrieb eine Bekannte vor wenigen Tagen und die Schreiberin kann sich dieser Befindlichkeit durchaus anschliessen. Wenn da nur nicht ein einziger, dafür umso grösserer Mangel wäre…
Während beim Vormittagsgang über die umliegenden Hügel das Alpsteinpanorama unverhohlen lockte und der Himmel einmal mehr eine Bläue zelebrierte, die auf den Bildern schon fast nach Intensivierungsprogramm ausschaut, bleibt Zeit, dem einen oder anderen Gedanken nachzuhängen.
Zum Beispiel diesem: nachdem sich bereits vor zwei Wochen der vertraute Hofladen (bernwärts) vor einfallenden (äxgüsi) KundInnen kaum retten konnte, ist jetzt auch in den östlichen Medien von einem solchen Phänomen die Rede. So wird von bis 50% gestiegenen Umsätzen berichtet, von Gestellen, die mehrmals täglich aufgefüllt werden, von neuen Gesichtern und vollen Taschen. Man staunt, hüpften doch Apfelringli, Quark oder das Wurzelgemüse bisher eher in die Rucksäcke einer überschaubaren Kundschaft. Nun, logisch kommt die Frage, was die Gründe sein mögen. Sie gehe nicht mehr in die grossen Läden, soll eine Neukundin gesagt haben, da habe es ihr viel zu viele Leute. Oder man wolle doch lieber etwas kaufen, das hier gewachsen sei. Da schluckt der Ökofundi (wie geht das weiblich?) kurz, was sagen wir denn seit bald hundert vierzig Jahren? Und denkt weiter als bis zum Rüebli, denn da wären auch Medikamente, Masken und einiges mehr. Nicht warten!
Zurück im Gartenhaus beginnt das Pikieren. Die Gärtnerin mag diese schon fast meditative Arbeit, bewundert die feinen Würzelchen, die unterschiedlichen Blattformen und schwelgt in der Vorfreude des Auspflanzens, der Ernte gar. Und während sie so sinniert und weil sie ab und zu an die Zeit denkt, in der diese Reihe und v.a. die Gründe, die sie hervorbrachten, nicht mehr relevant sein werden, taucht eine Idee auf. Natürlich! Ein Hofladen. Denn: auch die grösste Chililiebhaberin braucht nicht 30 Pflanzen. Was tun also mit all den Setzlingen, die da vor sich hin wachsen? Vielleicht kein Hofladen. Aber eine Bedienecke für die Nachbarn. Ohne Einkaufswagen, Warteschlange und ohne Geld. Für Tauschhandel immer zu haben.


Trotzdem-zum Siebzehnten

An diesem Tag, an dem der tiefblaue Himmel das Wort Hoffnung mehrfach auflädt, die Worte Worte sein lassen …

WER ist da oben unterwegs…?
Gezählte Stunden …
Blick Richtung Gossau
Für Fernere: der Säntis
Vogelspaziergang
Blick Richtung St. Gallen, markant das Bundesverwaltungsgericht, weiter hinten Engelburg

Trotz-dem zum Sechzehnten

Er war angekündigt und ist erschienen. Die Katze schaut griesgrämig ins frische Weiss, ihre zweibeinige Mitbewohnerin schliesst sich ihr an. Die Päonie, die sie seit ewigen Zeiten (über 30 Jahre müssen es sein) begleitet, hat eine Nachtdecke bekommen und das Frühbeet, in dem die Gärtner in unbändiger Frühjahrslust dies und das gesät haben und in dem bisher nichts erfroren (aber ausser der Kresse auch nichts unbändig gewachsen ist) ist mit Wolldecken isoliert.
Einfache Alltagshandlungen, weil einem alles Andere kontinuierlich auf Feld eins zurückwirft. Wobei das gerne in Fragen und Unsicherheiten ausartet. Gut, dass nun (endlich) Epidemiologen und Virologen ins Bundesboot geholt wurden. Nach einer Vertiefung in diesen Newsletter und diese Seite ist eine etwas differenzierte Sicht möglich, ärgerlich, dass unklar ist, wer hinter SPR steht. Nichtsdestotrotz ist nachdenken/nachfragen nicht verboten…