Ausgangspunkt meines Leserinnenbriefes in der Appenzeller Zeitung vom 8.10.14 waren zwei Beiträge in eben dieser Zeitung. Am 1.10.14 vermisste der Geschäftsleiter der Pro Senectute AR ein Altersleitbild AR und am Tag darauf erschien die (leicht erstaunte) Reaktion des Amtsleiters für Soziale Einrichtungen.
Ein Altersleitbild für AR –
weit mehr als Pflegeheimplanung!
Ein Altersleitbild für den Kanton AR müsste weit mehr sein als eine Pflegeheimplanung – zumal Zweifel erlaubt sind, ob heute gut Sechzigjährige sich dereinst in solche oft starre Einrichtungen begeben wollen. Neben den „fitten Jungpensionierten“ welche inner- und ausserfamiliär freiwillige Arbeit leisten und/oder diverse Angebote nutzen, gibt es ältere Menschen, für deren Bedürfnisse im Kanton Appenzell Ausserrhoden keine adäquaten Angebote bestehen. So fehlen Tagesstätten, in denen ältere, daheim lebende Menschen einen Tag oder mehrere verbringen können, damit die pflegenden Angehörigen Entlastung erhalten. Ältere Menschen, welche nach einem Spitalaufenthalt oder bei einer chronischen Erkrankung eine Geriatrische Tagesklinik besuchen möchten, um mittels diverser Therapien den Verbleib zuhause möglich zu machen, finden im Kanton AR kein Angebot und sind angehalten, in einen Nachbarkanton zu reisen und einen grossen Teil der Kosten selber zu tragen.
Die Gruppe der Menschen mit Demenzerkrankungen nimmt zu. V.a. für jüngere Menschen mit einer Demenzdiagnose fehlen nicht nur in unserem Kanton niederschwellige, auch „institutionsferne“ Angebote, welche ihnen möglichst lange die soziale, kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen und sie und ihre Angehörigen begleiten und beraten. Hier stellt sich zudem die Frage, wie Ausserrhoden die Nationale Demenzstrategie 2014-2017 des Bundes umzusetzen gedenkt.
Wie weit sich die Kapazitäten der gesunden Jungpensionierten mit Bedürfnissen von erkrankten älteren Menschen in eine hilfreiche Verbindung bringen lassen, könnte ein so genanntes Leitbild aufzeigen. Älter werden und konfrontiert sein mit vielfältigen Verlusterfahrungen zeichnet oft ein Leidbild. Es ist möglich geworden, sehr alt zu werden – haben wir Antworten auf diese auch geistig-seelischen Anforderungen? Wie bitter muss es sich anfühlen, alt geworden zu sein und nun das Gefühl haben zu müssen, „zu teuer“ oder „unrentabel“ zu sein oder gar keine Daseinsberechtigung mehr zu haben. Die gesamtgesellschaftliche Arbeit, die für den Umgang mit dieser neuen Altersrealität notwendig ist, sprengt vermutlich den Leitbildrahmen. Trotzdem soll sie angesprochen werden, auch weil über dieses Dasein hinausreichende „Troststützen“ für viele Menschen die Bedeutung verloren haben – oft nicht folgenlos.
Ein letzter Gedanke: die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich gerade im Altersbereich immer mehr. Die Finanzierbarkeit der Angebote, die gerechte Verteilung der vorhandenen Mittel auch zwischen den Generationen und die Frage, wie viel Geld für die Bedürfnisse älterer Menschen bereit gestellt werden soll oder kann, wird uns beschäftigen. Die Vermutung liegt nahe, dass hier kreative Lösungen vonnöten sind und dass „das Denken ab und zu die Richtung wechseln muss“.