Graureiher

Als ehemalige Flight Attendant kann ich die Flugperspektive eines Graureihers gut nachempfinden. Oft habe ich aus den Fenstern der Flugzeuge die Welt von oben betrachtet. Heute schaue ich jedem grösseren Vogel, der sich von den Windströmen tragen lässt, nach. Wie schön müsste es ein, selber fliegen zu können!

Da fällt mir eine viel sagende Geschichte ein. Lassen Sie sie mich so erzählen: Ein Bauer findet ein Ei eines Graureihers auf dem Feld. Er nimmt es mit und legt es in das Nest einer brütenden Henne. Der Graureiher schlüpft zusammen mit den Kücken der Henne. Von der Henne lernt er gackern, Körner picken und scharren. Er weiss nicht, dass er ein Graureiher und nicht ein Huhn ist. Eines Tages sieht er einen Graureiher am Himmel. Mit seinen weiten Schwingen gleitet dieser majestätisch durch die Lüfte. Fasziniert beobachtet er ihn. «Wer ist das?», fragt er die Henne. «Das ist ein König der Lüfte. Wir sind anders. Wir gehören auf den Boden. Wir fliegen nicht.» Und so scharrte der Graureiher weiter, pickte Körner und gackerte vor sich hin. Hin und wieder schaute er aber sehnsüchtig zum Himmel und fragte sich: «Warum kann ich nicht sein, wie dieser König der Lüfte …»

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