Neuland – eine Filmbegegnung

Eineinhalb Kinostunden in denen ich beeindruckt, gebannt und bewegt den Bildern der Regisseurin Anna Thommen folge: in ihrem vielfach ausgezeichneten Dokfilm „Neuland“ zeigt sie eine Basler Integrationsklasse, in der ein engagierter, boden-ständiger und warmherziger Lehrer mit enorm grossem Einsatz versucht, seinen SchülerInnen (junge Menschen zwischen 17 und etwa 20 Jahren) die deutsche Sprache und unsere „Gebräuche“ nahe zu bringen. Die jungen Menschen stammen beispielsweise aus Afghanistan, Eritrea oder der Türkei. Sie tragen persönliche Schicksale und die Auswirkungen politischer Ereignisse mit; müssen sich neben der neuen, nicht einfach zu erlernenden Sprache, der Mühsal des sich bewerben müssens und ihrem je individuellen „Weh“ auch mit schwierigen Wohnsituationen, Nebenarbeiten und dem völligen Fehlen eines präsenten familiären Netzes auseinander setzen.
Der Lehrer scheint auch nach zwei Jahrzehnten Arbeit in diesem Umfeld zuversichtlich und optimistisch geblieben zu sein. Er ist seinen SchülerInnen gegenüber offen, will gewisse Regeln eingehalten haben und setzt sich vermutlich weit über das übliche Mass dafür ein, dass seine „Schützlinge“ im Arbeitsleben Fuss fassen können. Mich haben neben den Bildern, den Schicksalen und dem Engagement des Lehrers die Hürden beeindruckt, welche sich den jungen Menschen mit mangelhaften Sprachkenntnissen entgegen stellen. Hier geborene Jugendliche sehen sich einer Berufswelt gegenüber, die viel fordert und Menschen mit noch zu entwickelnden Kompetenzen rasch aussondert – um wieviel schwieriger wird es da für Menschen, die bereits bei einem Telefonat zwecks einer Schnupperwoche ihren Namen dreimal nennen müssen und (noch) nicht perfekt imstande sind, auszudrücken, was sie möchten. Gerade diese Bilder schmerzen – weil frau mitgeht mit den Hoffnungen, den Wünschen und miterlebt, wie solche platzen – was auch Schweizer Jugendlichen geschieht – doch hier mutet es an wie ein Schlag in die Magengrube. Der Film ist eine wunderbare, nahe, fast zärtliche Hommage an Menschen, Gesichter und Geschichten. Absolut empfehlenswert!

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