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Ein Projekt im Rahmen der Ausschreibung „Inspiration Alter“ des Anderen Museums im Bürgerspital St. GallenDie Frage, was die Begegnung „mit dem Alter“ mit mir mache, habe ich mit fünf Filzhäuten und einem Gedicht beantwortet. Die notierten Themen empfand ich als Häutung, als Hindurch- und Weitergehen. „Haut“ im weitesten Sinne ist schon in meinen früheren Arbeiten aufgetaucht, an zwei Orten mache ich einen direkten Bezug.Häutung 1-5 sind ca. 110 x 90 cm grosse Filzhäute aus ungefärbten Schafwollvliesen, je nach Thema ergänzt mit Materialien wie Asche, Blätter, Ziegenhaare etc.Häutung 6 ist ein Gedicht, im Bleisatz gesetzt und im Bodoni Waldgut Atelier in Frauenfeld mit einer Handpresse auf Japanpapier gedruckt. New layer…

Filzprojekt: Fünf Häute und ein Gedicht

Ein Projekt im Rahmen der Ausschreibung „Inspiration Alter“ des Anderen Museums im Bürgerspital St. Gallen

Die Frage, was die Begegnung „mit dem Alter“ mit mir mache, habe ich mit fünf Filzhäuten und einem Gedicht beantwortet. Die notierten Themen empfand ich als Häutung, als Hindurch- und Weitergehen. „Haut“ im weitesten Sinne ist schon in meinen früheren Arbeiten aufgetaucht, an zwei Orten mache ich einen direkten Bezug.

Häutung 1-5 sind ca. 110 x 90 cm grosse Filzhäute aus ungefärbten Schafwollvliesen, je nach Thema ergänzt mit Materialien wie Asche, Blätter, Ziegenhaare etc.
Häutung 6 ist ein Gedicht, im Bleisatz gesetzt und im Bodoni Waldgut Atelier in Frauenfeld mit einer Handpresse auf Japanpapier gedruckt.

Häutung 1: Wegbeschreibung

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Schafwollvlies, Merino- und Angorawolle gefärbt, Ziegenhaare, Asche,
Blut und Leinen

Leid, Gebrechlichkeit und Hadesgeruch machen sich breit. Sicherheiten werden brüchig, feine Risse sichtbar, vor dem Einschlafen tanzen wilde Fratzen. Angst und Unbehagen legen einen dunklen Teppich auf den Alltagsboden und verengen den Blick. Körperliche Einschränkungen machen sich heftiger bemerkbar, wachsen über den ihnen zugestandenen Raum hinaus.

Der Gang über den Fluss ist vorbestimmt, unausweichlich.

Häutung 2: Mensch unter Menschen

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Schafwollvlies natur, Merino- und Bouclewolle, Ziegenhaare,
Buchen- und Eichenlaub,

Mariendistelsamen, Leinen, Drahtgeflecht (Fundstück)

Den gesenkten Kopf heben und die Augen wandern lassen. Sie erkennen die Gesetze von Kommen und Gehen. Keimen, wachsen, einen Weg suchen und gehen, sich einfügen und irgendwann die Blätter fallen lassen, müde werden, sterben. Anfang und Ende sind grosse Geheimnisse.

Den Lebensweg gehen, mit Millionen Andern.

Häutung 3: Der Mensch ist verpackt

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Schafwollvlies natur, Angorawolle gefärbt, Ziegenhaare,
Maulbeerseide, Nessel, Kräuseldraht silber, Leinen

Wo wohnt das Ich? Was bleibt, wenn die Haut faltig ist, Bewegungen mühsamer werden und Organe aus dem Takt geraten sind? Aus den Tiefen taucht ein unantastbarer Wesenskern. Nichts, das mit Händen zu greifen wäre. Das schimmernde Etwas, das sich nachts auf die Reise macht und sich morgens eilig wieder in den Leib einnistet.

Die Seelenflügel sind tief drinnen, weit weit aussen.

Die Frage, was den Menschen letztlich ausmacht, hat mich bereits in einer Arbeit im Gestaltungskurs an der HGKZ in Zürich beschäftigt. In einer konzeptionellen Arbeit entstand die Verdichtung:“ Der Mensch ist verpackt. In die eigene Haut. Und wenn die Verpackung weg ist?“

Häutung 4: Ein eigenes Zimmer

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Schafwollvlies natur, Merinowolle gefärbt, Wildseide, Gotlandwolle,
Leinen, Vorfilze aus gefärbter Merinowolle, Seide, St.Galler Stickerei, Hasel geschält

Dem Dasein Farbe geben. Es nicht nur als reissenden Strom begreifen, dem das einzelne Menschenwesen ausgesetzt ist. Räume und Möglichkeiten der Eigengestaltung suchen, erkennen und besetzen. Nicht Knetmasse werden, sondern selber Form geben. Bunt und sperrig bleiben. Begrenzung und Anfälligkeit des Lebens mahnen an grösstmögliche Gegenwärtigkeit.

Ich lebe jetzt.

Häutung 5: Ich und Welt begegnen sich

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Schafwollvlies natur, Merino- und Angorawolle gefärbt, Seide,
Gotlandwolle, Leinen und Lammleder

Die Felder des Sein und Wirkens sind niemals abgeschlossen oder isoliert. Jede Handlung, jede Geste, ja vielleicht sogar jeder Gedanke gestalten und verändern die Welt. Der Mensch trägt seinen Teil zum Weltgesicht bei: im Kontakt mit einem geliebten „DU“ ebenso wie in den grösseren Zusammenhängen.

In den Begegnungsräumen trägt der Mensch Verantwortung – er knüpft am Welthaus.