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Streiflicht zum Jahresende

Als nachdenklich, erstaunt oder konsterniert hat die Reisende den Blick der lebenserfahrenen Frau im Süden Italiens interpretiert. Sind die fremden Menschen, die durch die weisse Stadt schlendern, die Geschehnisse, die man ihr zuträgt oder die eigene Hinfälligkeit, der frau unweigerlich begegnet, Auslöser ihres Ausdrucks? Die Schreiberin weiss es nicht und denkt einer Unbekannten Empfindungen zu, die vermutlich mehr die eigenen sind, an Anlass dazu fehlt es wahrlich nicht.
Die Dornenkränze, um deren Erhalt niemand gebeten hat, wiegen schwer und werfen bittere Irrlichter auf den Gang der Lebendigen. Aufgeben wäre eine Option: dem Licht, Freude und Neugier, ja dem Leben abzusagen und im Verlies zu dämmern. Zwischen den Ritzen der Trauer drängt ein Keimling ans Licht, eine Ahnung nur, wo er fusst und seine Nährlösung bezieht, er ist da, unbeirrbar und zäh.
In Tagen wie diesen, frei von Pflichten und mit der Möglichkeit, Eigenem nachzugehen, was heissen kann, sich der wunderbaren Stille rund im die eigene Wohnstätte einmal mehr gewahr zu werden und sich dabei mit den Gedanken aus dem eben gesehenen Film über die Stille (KinoK St. Gallen) zu verbinden, bleibt – zulassen vorausgesetzt – Raum für Fragen, deren Antworten nicht auf die Schnelle zu haben sind und Einfluss nehmen (könnten?) auf den Fortgang dieser Wanderung. Noch gelingt es, nach einem Sturz mit aufgeschürftem Knie oder einem unbestimmten Druckgefühl in der Herzgegend, wieder in einen Alltag zu finden und doch würde es von ausgeprägter Einfalt zeugen, wenn die Geschehnisse bzw. der Blick auf den Lebenskalender nicht auch nach Innehalten, Orientierung oder Veränderungen rufen würden. Oder zu bewussterem Abwägen, was mitgetragen werden soll, was fortgeräumt oder geordnet sein will. Zeit für Rück- und Ausblicke, in biografischer Form hat dies der amerikanische Psychotherapeut Irvin D. Yalom in seinem neuen Buch „Wie man wird, was man ist“ beschrieben.
In Tagen wie diesen (nochmals) ist auch die Zeit, um Gutes zu wünschen. Möge das kommende Jahr all den Initiativen und Bestrebungen Erfolg verschaffen, welche sich für Gerechtigkeit, Ausgleich und Frieden einsetzen. Auf der individuellen Ebene wünscht die Schreiberin allen Menschen Gutes, Licht und den Mut, Gewohntes zu hinterfragen und allenfalls notwendige Kurskorrekturen vorzunehmen.

Fremdeln oder ein Versuch der Annäherung


Mein Haus und mein Herz

Wenn ich je ins Leben trete
wird mein Haus keine Schlüssel
haben:
immer offen fürs Meer,
für die Luft und die Sonne.

Dass die Nacht und der Tag es
betrete,
der blaue Regen, der Abend,
und die Dämmerung, rot wie das Brot
und der Mond, den ich liebe.

Dass die Freundschaft den Schritt
über die Schwelle wage,
der Vogel den Flug
und die Liebe die Lippen. Alle.


Mein Haus und mein Herz
nie geschlossen, für alle:
für die Vögel, die Freunde,
für die Luft und die Sonne.
(Marcos Ana, 1920-2016)

Zurückgeschaut 11

GESCHAFFT: Alle Pflanzen, die den Winter drinnen verbringen müssen, in ihre Quartiere gestellt. Der sorgende Mitgärtner hat ihnen im Gartenhäuschen oder Hauskeller Bedingungen geschaffen, unter denen sie dem Frühling entgegen leben. Wobei die beiden schon sehr alten Geranien in ihren Kistchen noch vor den Eingangsfenstern stehen, sie blühen jeweils etwas später als frisch gekaufte, dafür länger und v.a. sind es langjährige Begleiterinnen. So wie Olivenbaum, Fuchsien, alle verschiedenen Geranien, Mittagsblumen, Agaven, Aloe usw.. Ein etwas wehmütiger Moment, weiss frau doch, wie lange es dauert, bis sie wieder in die Freiheit entlassen werden können.

VorGESORGT:

Chicoreéwurzeln zum Treiben in den Keller gestellt













GELESEN: „Ungezähmt“ von Glennon Doyle. Das Buch reiht sich ein in weitere Publikationen, in denen Druck/Erwartungen an und Selbstverständnis vieler Frauen thematisiert werden. Wenn bei einer Bundesrätinnen-Wahl die Frage auftaucht – wohlgemerkt bei weiblichen Kandidatinnen – wie vereinbar Familie (mit Kindern) und Beruf sind und frau weiss, dass genaue DIESE Frage einem Mann wohl nie gestellt worden ist, macht auch diese Frage viele Ungereimtheiten sichtbar. Wirklich schwierig wird der Spagat für allfällige Bundesrätinnen ja nicht wirklich, denn genau sie verfügen über eine gut gefüllte Geldbörse. Eine, die zusammen mit einem zugeneigten Umfeld dafür sorgt, dass der „Karren auch daheim läuft“. Nein, ich rede von Frauen, die mit weit weniger Geld weit grössere Herausforderungen meistern (müssen) und denen neben all den Alltagsherausforderungen auch eine prekäre Altersvorsorge „blüht“.
Nun, der Autorin geht es auch darum, den Frauen einfach Mut zu machen, zu eigenen Bedürfnissen zu stehen, diese nicht über Jahre (und oft mit fatalen Folgen) zu unterdrücken, um irgendwelchen Rollenbildern zu genügen. Vorstellungen und Erwartungen, welche Frauen sehr lange angenommen und mitgetragen haben. Zum Preis der Erschöpfung – zu diesem Thema schreibt die Soziologin Franziska Schutzbach in ihrem Buch „Die Erschöpfung der Frauen“ . Lohnenswerte Lektüren in einer Zeit, in der so vieles – eigentlich alles – im Umbruch ist.
Sollte es überhaupt eine Zukunft geben, führt kein Weg an Gerechtigkeit vorbei.

GESEHEN: Die gegenwärtige Lage führt u.a. dazu, dass jene, die bereits über wenig Geld verfügen, in noch grössere Bedrängnisse kommen. (Die Profiteure dieser Weltkrise lasse ich mal beiseite, es gibt sie und nicht zu knapp…). Wenn Politiker (es sind halt meistens ältere, graue Männer) mit verkniffenem Mund vom enger zu schnallenden Gürtel sprechen und dann samt Sicherheitsgarde in einen bereitsstehenden Panzerwagen eilen, ja dann bleibt Frau und Herr X. vielleicht noch die Tafel oder Carisatt oder die Gassenküche.
https://www.youtube.com/watch?v=9u_jrQGceR8(aus Deutschland) oder
https://www.luzern60plus.ch/aktuell/artikel/armut-im-alter-ist-weiblich aus der Schweiz, wobei dann auch ein weiterer Bezug geschaffen wäre zum obigen Thema…
Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, in Ruhe und mit vielen Geschenken der Natur ein gesundes, friedliches Leben führen zu können. Einfach. Abgeschieden. Natürlich. Mit viel Freiheit in der Umgebungsgestaltung und einer gewissen Unabhängigkeit.

Zäh und eigen-willig




GEHÖRT: Viel Musik, immer wieder.
Von der Künstlerin Alexandra de Steiguer
https://youtu.be/Zv_Jz7pAfOk
Sie lebt seit 20 Jahren jeweils den Winter über als Wächterin auf der Insel Star Island vor New Hampshire und fotografiert, malt und komponiert. Mutig und eigen-willig.
Und von Ajeet https://youtu.be/1Agpwo25FcU.
Zum Schluss ein Stück mit den Qualitäten einer L…dor-Kugel: Lady Gaga und Bradley Cooper https://youtu.be/eWupm_cePX8 Mikrobalsam in rauer Zeit.

Zurückgeschaut 10

GEWESEN: Im Lärchenwunderwald in der Nähe von Lü. Zwei Leertage genutzt, um eine ins Auge gefasste Panoramawanderung zu unternehmen. Der Plan ging auf – Wetter passte, ein Zimmer frei und die Wanderung vom Ofenpass aus Seelennahrung pur.
Die lange An- und Zurückreise wurden längst wettgemacht durch die traumhafte Landschaft (ich konnte sehr leider kein Bild machen vom ersten Bodenfrost auf Buffalora, wo die jungen Föhren wie Christbäume auf einem weiss-glitzernden Feld standen, was den Postautochauffeur dazu brachte, rasch den Fahrersitz zu verlassen und ein Bild zu machen…). Arven, Lärchengold, der schneebedeckte Ortler, immer wieder Blicke ins Münstertal oder zurück zum Piz Daint oder Richtung Ofenpass – UND: ich war (fast) alleine. Wär es mir doch ein Gräuel, eine Gruppenwanderung zu machen… das Geschnatter kann mich mal. Es war schon mühsam genug, den Herrn, der mich im Postauto konstant „besprach“, auszuhalten. Manche merkens einfach nicht…
GEHÖRT: Viele Podcasts, gerne jene von Radio München, Übers Meer (der Podcast der mare-Macher*innen), BREITENGRAD, weltwach, Apropos, SWR 2 Wissen, Sternstunde Philosophie, SRF Perspektiven, Zwischenhalt, Kontext, Literaturfenster Schweiz, 100 Sekunden Wissen, bevegt-Podcast uvm. Ein Universum auf das ich ähnlich ungern verzichten würde wie auf den häufigen Besuch „meiner“ beiden Bibliotheken.
GEÄRGERT: Das verlogene Getue um die Wolfsrisse. Das einem der Verlust der Tiere weh tut, verstehe ich gut. Das schlimmste Raubtier ist jedoch der Mensch: in der Schweiz werden pro Jahr über 50 Mio. Tiere getötet, um sie zu essen. Vorsätzlich und kaltblütig! Da sprechen dann die Wolfsjäger nicht über Grausamkeit. Was anderes ist es, wenn bereits bei der Geburt eines Tieres feststeht, dass es gemästet wird, um von Menschen ermordet und gegessen zu werden?
GEFREUT: Die Weltlage macht es einem ja nicht einfach. Ganze Litaneien wären aufzuzählen, alle dazu angetan, Freude und Ausgeglichenheit mit ihrem Gift zu zersetzen. Weil es vermutlich niemandem hilft, wenn einem die Bitterkeit zersetzt, ist diese Rubrik von besonderer Wichtigkeit. Titelgewinner ist hier mit grossem Vorsprung der Garten. Was war das für ein Jahr! Dass hier auf 1000 MüM Tomaten und Chili bis jetzt (1.Nov) noch ausreifen, dass es kistenweise blaue Muscat gibt, Beeren in Hülle und Fülle, dass ich (die Apfelliebhaberin) während etwa 70 Tagen einen eigenen Topaz essen kann und und und. Da spüre ich grosse Dankbarkeit. Eine eigene Liga sind nahe Beziehungen – Kontakte die nicht unter der unsäglichen C-Diskussion gelitten haben, Sein in der Natur, die reflektierende Innenschau, Bücher, Musik, frei gewähltes Engagement. Und Zeit.
Da regt sich mehr als Dankbarkeit, nicht mehr im pflegerisch-sozialen Umfeld tätig sein zu müssen. Wie die Schieflage im Gesundheitswesen zu korrigieren wäre, weiss wohl niemand, bzw. es gibt Kräfte, die das um ihrer Geldbörse willen auf keinen Fall möchten. Wers vermag, liegt privat, alle anderen können nur hoffen, dass sie durchsetzungskräftige Angehörige haben. Arg. Sehr arg.
GEGESSEN: Tomaten in allen möglichen Variationen, gefüllt mit Kräutern, Käse und etwas Paniermehl mundeten sie besonders. Kürbissuppe mit Schwarzkohl nach diesem Rezept: https://splendido-magazin.de/index/gerichte/suppen/kuerbissalbei, Cavolo nero gibt es im Hügelgarten und Kürbisse kommen vom Biohof Schuepfenried.
GETRUNKEN: Aroniasaft der Stiftung Tosam, dank Bruders Einsatz 😉

Buchen-Streckfuss oder es geht weiter

Die Raupe des Buchen-Streckfuss-Nachtfalters, auch Streckfuss oder Rotschwanz genannt

Was für eine auffällige, nie gesehene Raupe sich da behende auf der Schmutzmatte vor der Gartentüre bewegte… Recherchen ergaben, dass es sich um einen Nachtfalter handelt. Mehr erfahren Interessierte hier. Sein Vorkommen wird verständlich, wenn frau liest, dass sein Habitat die Hainbuche ist, hier sozusagen der Hausbaum. Einzelne Bilder über sein Falterstadium passen in einen Gruselfilm, wobei Behaarung und der eulenhafte Ausdruck beeindruckend sind.

Nun, er – der Falter – hat (auch) dazu geführt, dass ich nach langer Absenz wieder mal hier schreibe. Ein persönlicher Verlust und die Schieflage rundherum waren Anlass, zu schweigen. Was ist zu sagen, wenn der Irrsinn seine hässlichste Fratze zeigt, wenn Dinge geschehen, die frau nie für möglich gehalten hätte und wenn es im Gebälk des Lebens bedrohlich knirscht und ächzt? Wenn konstatiert werden muss, dass das, wovor bereits vor über 40 Jahren gewarnt wurde, eingetreten ist, nachdem die warnenden Stimmen nicht gehört, nicht ernst genommen, nein sogar verhöhnt und belächelt wurden? Wenn Ungeheuer Kriege anzetteln, Tod und Leid verursachen und mehr als den Kontinent Europa involvieren?

Eben. Nichts.

Weil weiterleben Kraft braucht. Und eine Ritze, durch die Licht in den Raum der Dunkelheit fällt. Und etwas, dass die Ritze offen hält und für Licht sorgt. Nein, ich kann nicht sagen, was hilft. Zeit? Die Einsicht, dass andernorts weder Ritzen noch Licht sind und Menschen doch trotzen und bleiben? Soviel ist sicher: Widerstand all den Widrigkeiten gegenüber verlangt nach Lebensenergie. Und die ist nicht am Stück im Laden zu bekommen. Aber sie ist zwingend notwendig. Früher hüteten sie das Feuer, heute ist die Lebensfreude bedroht. Ich will meine hüten. Im Garten zum Beispiel, beim Betrachten einer Raupe…
Wir werden unsere Kraft brauchen. Und sie fällt in sich zusammen, wenn die grauen Mächte Ängste schüren und aus Individuen eine formbare Masse machen. Alles schon erlebt …

Zurückgeschaut 9

GESEHEN: Zwei Filme über Armut in Europa. „Arm in Mallorca“ berichtet über die Auswirkungen des ausbleibenden Tourismus auf der Insel Mallorca. Die Insel war über Jahre ein sehr beliebtes Ferienziel, die meisten Einheimischen hingen am Tropf Tourismus und der Staatsapparat hat gewiss bestens mitverdient. Dass eben dieser Staat nicht in der Lage ist, seiner Bevölkerung über einen gewissen Zeitraum ein Minimum an Sicherheit, sprich ein Dach über dem Kopf, Essen und Gesundheitsvorsorge zu organisieren, stimmt bedenklich. Die Behörden schliessen ihre Büros und sind fast gar nicht mehr erreichbar. Realitäten im Jahre 2021. Neben dem Versagen der Regierung auch eine bittere Quittung für eine Form von Tourismus, die weder fair noch nachhaltig ist.

Der Dok-Film „Abschied von der Mittelschicht“ zeigt u.a. den Zusammenhang zwischen Verarmung, prekären Arbeitsverhältnissen (auf deutsch Ausbeutung) und dem zunehmenden Rechtspopulismus. Wo bleiben da u.a. die gut bezahlten Gewerkschafter*innen? Die Sozialpolitiker?

Positiver sind die Bilder im Film „Fair Traders“. Faire Arbeitsbedingungen und biologische Herstellung mit dem Kostendruck der freien Marktwirtschaft zu vereinbaren ist für die drei ein ständiger Balanceakt – doch die drei Hauptdarsteller beweisen, dass es wirtschaftlich möglich ist, sozial, ökologisch und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu produzieren. Ein kleiner Lichtblick in der Ödnis der aktuellen Weltlage…Ô

GESTRICKT: endlich den Mohairpulli zum Abschluss gebracht. Na ja.

GESTORBEN: Unter vielen anderen zwei ganz unterschiedliche Persönlichkeiten: Der Zenmeister Tich nhat Hanh und Endo Anaconda von Stiller Has.

GEÄRGERT: Gemäss BAG gab es im Jahre 2021 jährlich (!) 9500 Todesfälle durch Tabakkonsum. Wie können da so genannte Volksvertreter*innen gegen das Verbot von Tabakwerbung weibeln? Schaut man sich den „Corona-Effort“ an, fragt sich frau, ob das BAG da nicht ganz anders agieren müsste. Warum wohl nicht? Es bedarf keiner vertiefenden Studie, um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen. Und ja, liebe Gegner*innen: es wäre folgerichtig und gut, auch auf Servelatwerbung zu verzichten.

Am Kopf GEKRATZT: Kürzlich in einem Blog gelesen: es sei jetzt üblich, sich bei einem geplanten Treffen mit Freund*innen vorgängig ein Bild des eben gemachten Corona-Selbsttestes zu senden. Hä?

GEREIST: Nochmals mit dem Zug nach Rom. Eine Reise mit dem jüngsten Enkel. Herznahrung pur.

Dabei oft GESCHMUNZELT: zum Beispiel, als ich die Mütze auszog und er meinte, ich sähe jetzt „verstrudelt“ aus 🙂

GESUCHT: Informationen unterschiedlichster Art über Sizilien. Erfreulich (vorerst nur lesend) die Tatsache, dass sich immer mehr Bauern abseits der gängigen Absatzkanäle organisieren. Darüber wird noch zu berichten sein.

Winterpapageien

Es gibt Beiträge in der Presse, die sich alljährlich mit schöner Regelmässigkeit saisonal wiederholen. Eines der sehr beliebten Spätherbstthemen ist die Winterfütterung der Wildvögel. Das Thema wird sowohl in der Tagespresse als auch in Fachzeitschriften jeden Vorwinter kontrovers und seitenfüllend publiziert. Das Fazit für die Leserin ist stets dasselbe. Es gibt 2 Fraktionen von Vogelfreunden – die Fundi Ornithologen, die jedwelche Zufütterung als nicht wünschenswert erachten und auf die Gefahren dieser gutgemeinten Geste hinweisen. Andererseits sind da moderate Kenner der Szene, die dieser Fütterung in gewissen Bereichen auch positive Aspekte attestieren.
Sicher sind bei der Wildvogelfütterung einige Grundregeln und Vorgehensweisen einzuhalten, wenn es den Gefiederten das Winterleben erleichtern und unser Herz für die Vögel höher schlagen lassen soll. Wenn der Winter dann kommt und mit ihm die hungrigen fliegenden Kleinstmägen, ist es jedenfalls ein sehr unterhaltsames, spannendes und abwechslungsreiches TV Programm, das sich beim Morgenessen oder anlässlich des Apéros durch das grosse Fenster zum Garten live und ohne Lizenzgebühr mitverfolgen lässt. Nach einiger Zeit lassen sich artbedingte Gewohnheiten, individuelle Vorlieben und ganz allgemeine Vogelregeln beobachten. Auch Wetterlage und Futterangebot verändern Verhalten und Besucherfrequenz. Da ist zum einen „Heinz“ der Specht; er kommt in rasantem Fluge zum gedeckten Tisch, klaubt sich Sonnenblumenkern um Sonnenblumenkern, um jeden der Samen in ein Loch des nebenstehenden Holzpfostens zu stecken, wo er sie dann aufmeisselt und den Inhalt verspeist. Frau Specht labt sich lieber an den geschälten Kernen und füllt sich ihren Magen so mit deutlich weniger Energieaufwand. Ritzen, Spalten und Löcher in Gehölzen werden übrigens von nahezu allen Spechten zum festklemmen und aufhämmern von Nüssen und anderen „verpackten“ Nahrungsträgern verwendet – sie werden „Spechtenschmiede“ genannt.
Fast alle Meisenarten holen sich an der Futterstelle ein Körnchen und flattern damit blitzschnell in Deckung, um es dort eingermassen geschützt verspeisen zu können. So hat sich herausgestellt, dass die stattliche und vielastige, dicht benadelte Föhre neben der Futterstelle ein Glücksfall ist. Blau-, Kohl- und Tannenmeisen tummeln sich darin zu Dutzenden und verlassen die Deckung nur ganz kurz, um Nachschub zu holen. Der Baum wird jedenfalls bestens gedüngt ins kommende Frühjahr starten.
Da gibt es aber auch Drosseln und Finken, die sitzen ganz behäbig am vollen Teller und schlagen sich minutenlang die Bäuche voll, ohne anderen Hungerschnäbeln Platz zu machen. Die Kleiber (Spechtmeisen) wiederum kommen geflogen, picken zu und verschwinden an weiter entfernte Fressplätze – manchmal erscheinen sie in so kurzer Kadenz , dass man den Verdacht hegen könnte, sie legten irgendwo ein Nahrungsdepot an. Die Buchfinke (es wurde in diesem Blog schon einmal über sie geschrieben) trippeln oftmals am Boden herum und essen, was in der Hektik und im Futterstreit zu Boden fällt. Vielleicht typisch für ihn – einfaches Gemüt – anspruchslos – wenig Konkurrenz bei der Futtersuche am Boden ….vielleicht einer der Gründe für den Erfolg seiner Art. Der Buchfink ist der häufigste Vogel Europas.
Doch später im Winter gesellt sich ein weiterer Körnerfresser aus der Finkenfamilie dazu – erscheint in immer grösserer Zahl an der Futterstelle und wertet das TV Programm mit seiner kontrastreichen Zeichnung und zu dieser Jahreszeit ungewohnter Farbenpracht auf: Herr und Frau Gimpel lassen sich beim Sonnenblumenkernenangebot nieder und schälen Samen um Samen gleich am Futterbrett auf. Die Männchen mit ihrer schwarzen Kappe, dem roten Brustgefieder, (die Weibchen blassrosa), den weissen Streifen und dem grossen Schnabel lassen mit ihrem Auftritt in der Winterlandschaft an Papageien denken…..
In Bälde werden die Vögel ihren Futterbedarf wieder mit „Wildsammlung“ decken. An der hiesigen „künstlichen“ Futterstelle wurden keine der oftgenannten negativen Folgen der Winterfütterung wahrgenommen.